Streit um Bewertungen

Streit um Bewertungen im Internet

Im Medienrecht wird der Streit um Bewertungen zum täglich Brot der Rechtsanwälte. Um die Berechtigung zur Abgabe einer (schlechten) Bewertung wird häufig gestritten.

Es verwundert, wenn Kollegen von Anfang an vollkommen unberechtigte Abmahnungen auf den Weg bringen. Die Verbraucher, die solchen Abmahnungen ausgesetzt sind, werden in Alarmzustand versetzt. Diesen Alarmzustand kann nur ein guter Rechtsanwalt in diesem Gebiet entschärfen.

Was bleibt nach dem Schreiben mit der Zurückweisung der Forderung? Zuerst bleiben beim Bewertenden die Kosten seiner Rechtsverteidigung. Ja, Anwalt kostet Geld und warum soll man als Laie ohne rechtliche Beratung reagieren?

Die Rechtslage macht es Unternehmen, die unberechtigte Abmahnungen versenden, verhältnismäßig leicht. Denn ein Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten des zu Unrecht Abgemahnten kennt die Rechtsordnung nur in Ausnahmefällen. So geht die Kosten-Nutzen-Rechnung immer für den Unternehmer aus. Unvergessen ist der Rechtsstreit um eine Bewertung für Baumängel bei Google. 

Der bewertende Verbraucher war hauptberuflich Eichbeamter. Ich hatte nie wieder eine so vorbildliche Mängeldokumentation. Das Verfahren wurde vom Kläger trotzdem durchgezogen und im Hauptverfahren wurde sich verglichen: Kosten trägt der Unternehmer, Verbraucher löscht die Bewertung. Sogar die Vergleichsgebühr hat der Unternehmer übernommen. Kostenpunkt: 5.500 €

Ich habe mal gelernt, dass man den Wert digitaler Güter bestimmt, in dem man den Probanden das digitale Gut wegnimmt und dann verhandelt: Wieviel ist es dir Wert über das Gut zu verfügen?

Die reine Weste im Internet war dem Unternehmer hier mindestens 5.500 € wert.

Der Bundesgerichtshof hat bereits hervorgehoben, welch sinnvolle gesellschaftliche Funktion Bewertungen im Internet haben. Ob die Realität der Internet-Bewertungen diesem Stellenwert gerecht wird?

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Wer bewertet mich denn da?

Für die Unternehmer ist die Krux häufig, dass sie an Hand der (anonymen) Bewertung nicht nachvollziehen können, welcher Kunde schreibt oder ob ein Kunde schreibt. Dann muss über die Plattform nachgefragt werden, ob es sich um einen Kunden handelt. Wenn nicht, muss die Plattform löschen, falls doch ein Kunde an der Tastatur saß, dessen Name dem Unternehmer nicht bekannt ist, kann er sein Glück mit einem Auskunftsverfahren nach TTDSG versuchen. Seit neustem sieht das Gesetz für bestimmte Fälle das Verfahren nach § 21 Abs. 2 Satz 2 TTDSG vor.

Wichtigster Rat: Beweise sichern! Erstellen Sie Screenshots oder drucken sie die Seite um die Rechtsverletzung nachweisen zu können.

Das Problem stellt sich aber auch im Wettbewerbsverhältnis. Vielleicht wundern Sie sich, warum der neu eröffnete Laden der Konkurrenz laufen so gut bewertet wird, obwohl nie ein Kunde da ist? Die Rechtslage in diesem Verhältnis scheint klar:

Mit falschen Bewertungen zu werben ist rechtswidrig.

Aber wie bringen Sie als Konkurrent in Erfahrung, ob die Bewertungen echt sind und von echten Menschen aufgrund echten Geschäftskontakts geschrieben wurden? Hier kommt man in den Bereich der sekundären Darlegungslast und den rechtlich mit Sicherheit anspruchsvollsten Teil der Rechtslage rund um Bewertungen im Internet.

Vielleicht liegt es aber auch an den Verbrauchern? Im Grundsatz geht es ja darum Menschen von der Qualität der eigenen Leistung zu überzeugen. Wenn dann im Internet geworben wird, liegt es an uns die Informationen zu bewerten. Glauben Sie nicht alles was Ihnen erzählt wird.

Streitigkeiten um Bewertungen sollten von Gerichten ernst genommen werden. Es geht insgesamt darum, ob Bewertungen tatsächlich so etwas wie Orientierung am Markt sind oder realitätsferne Wiedergabe der wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen Bewertern und Bewerteten. Der Angriff auf die Meinungsfreiheit des Verbrauchers durch ein wirtschaftlich überlegenes Unternehmen muss vom Gericht sanktioniert werden, wenn eine solche Abmahnung klar rechtswidrig war.

BGH Bewertung von Gelenkbolzenschellen

Der Streit um die Berechtigung von negativen Internetbewertungen ist mittlerweile schon alt. Trotzdem gibt es heute noch Verfahren die es bis zum Bundesgerichtshof schaffen.

Beim Bundesgerichtshof steht jetzt für den 28.09.2022 ein Fall zur Entscheidung an, dem laut Pressemitteilung folgender Sachverhalt zu Grunde liegt:

Nach einem Kauf bei eBay bewertete ein Kunde den Kauf mit den Worten: „Ware gut, Versandkosten Wucher!!“. Danach entspann sich das Prozedere der Abmahnung des Kunden und des darauf folgenden Prozesses.  Die erste Instanz sah in der Bezeichnung „Wucher“ ein Werturteil und wies die Klage daher ab.  

Das Landgericht Weiden in der Oberpfalz sah in dieser Äußerung eine Verletzung einer nachvertraglichen Nebenpflicht. Diese Nebenpflicht soll sich nach Ansicht der Kammer aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay ergeben.

Die treffen nämlich in § 8 die Bestimmung:

2. Nutzer sind verpflichtet, in den abgegebenen Bewertungen ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Die von Nutzern abgegebenen Bewertungen müssen sachlich gehalten sein und dürfen keine Schmähkritik enthalten.

Daher wurde der Bewertende vom Landgericht Weiden in der Oberpfalz zur Unterlassung verurteilt.

Jetzt streiten die Parteien darüber, ob sich aus den AGB von eBay ein Schutz ergibt der weiter reicht, als der Schutz des Gesetzes. Dazu muss man wissen, dass der Streit um die Gültigkeit und Auslegung der AGB von Internet-Plattformen eigentlich gerade geklärt war.

Mein Tipp: Die AGB können nicht weiter reichen als das Gesetz und die Bewertung ist rechtmäßig.

Falls ich mich irre, werde ich diesen Artikel natürlich sofort ändern!