OLG Frankfurt: Plattformen müssen auch sinngleiche rechtswidrige Inhalte löschen

Eine Grafik mit dem Schriftzug "Löschpflichten"

Am 25. Januar 2024 entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG), dass Plattformbetreiber verpflichtet sind, nicht nur identische, sondern auch sinngleiche rechtswidrige Inhalte zu entfernen, sobald sie Kenntnis davon erlangen. Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für den digitalen Raum und die Betreiber sozialer Netzwerke.

Hintergrund des Falls

Eine Bundestagsabgeordnete der Partei Bündnis 90/Die Grünen sah ihr Persönlichkeitsrecht verletzt, als auf Facebook ein sogenanntes Meme verbreitet wurde. Dieses zeigte ihr Bild mit dem angeblichen Zitat: „Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!“. Die Politikerin hatte diese Aussage jedoch nie getätigt. Das Landgericht Frankfurt am Main gab der Klägerin recht und verpflichtete Meta zur Unterlassung solcher Posts sowie zur Zahlung einer Geldentschädigung von 10.000 Euro. Meta legte Berufung ein, wobei das OLG die Unterlassungsverpflichtung bestätigte, die Geldentschädigung jedoch aufhob.

Pflichten der Plattformbetreiber

Das OLG stellte klar, dass Plattformbetreiber nach Kenntnis eines rechtswidrigen Inhalts verpflichtet sind, auch sinngleiche Beiträge zu identifizieren und zu löschen. Diese Verpflichtung erstreckt sich nicht nur auf wortgleiche Inhalte, sondern auch auf solche, die inhaltlich ähnlich sind. Zur Erfüllung dieser Pflicht können automatisierte Techniken eingesetzt werden. In Fällen, in denen eine automatisierte Bewertung nicht ausreicht, ist eine manuelle Überprüfung zumutbar, insbesondere wenn der Kontext des Beitrags berücksichtigt werden muss.

Die Entscheidung stärkt die Rechtsposition betroffener Personen, die gegen falsche und ehrverletzende Inhalte im Internet vorgehen wollen. Plattformbetreiber müssen künftig sicherstellen, dass bereits erkannte Rechtsverletzungen nicht durch leicht veränderte oder inhaltlich identische Postings erneut erscheinen. Dies geht über bisherige Löschpflichten hinaus und verlangt proaktive Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Verstöße.

Keine Geldentschädigung für die Klägerin

Obwohl die Unterlassungsverpflichtung bestätigt wurde, sprach das OLG der Klägerin keine Geldentschädigung zu. Es fehlte an einer hartnäckigen Weigerung seitens Meta, der Unterlassungsverpflichtung nachzukommen. Dies zeigt, dass Gerichte weiterhin hohe Anforderungen an die Zuerkennung von Schadensersatz für Persönlichkeitsrechtsverletzungen im digitalen Raum stellen.

Bedeutung des Urteils

Das Urteil unterstreicht die Verantwortung von Plattformbetreibern im Umgang mit rechtswidrigen Inhalten. Sie müssen nicht nur auf konkrete Hinweise reagieren, sondern auch proaktiv ähnliche Verstöße identifizieren und entfernen. Dies dient dem Schutz der Persönlichkeitsrechte und der Integrität des öffentlichen Diskurses im digitalen Raum. Besonders für Personen des öffentlichen Lebens, die häufig Ziel von Desinformation und Falschmeldungen sind, bietet diese Entscheidung eine verbesserte Rechtsposition.

Das OLG Frankfurt hat sich in früheren Entscheidungen bereits mehrfach mit den Löschpflichten von Plattformbetreibern auseinandergesetzt. So hat es in anderen Fällen betont, dass soziale Netzwerke nicht als neutrale Vermittler betrachtet werden können, sondern eine aktive Rolle im Kampf gegen rechtswidrige Inhalte einnehmen müssen. Das vorliegende Urteil fügt sich in diese Rechtsprechung ein und stärkt den Trend, Plattformen stärker in die Verantwortung zu nehmen.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig; das OLG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob sich der Bundesgerichtshof dieser Sichtweise anschließen wird oder ob es eine weitere Konkretisierung der Pflichten von Plattformbetreibern geben wird.

 

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