EuGH-Urteil: Newsletter-Versand an Gratis-Nutzer ohne separate Einwilligung?

Tablet auf einem Tisch zeigt Newsletter-Anmeldung mit der Überschrift Newsletter und Recht.

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Im Online-Marketing und Datenschutzrecht sorgt ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) für Aufsehen. Es geht um die zentrale Frage, ob und wann Unternehmen Nutzern, die sich lediglich für einen kostenlosen Dienst registriert haben, werbliche E-Mails senden dürfen, ohne dafür eine gesonderte Einwilligung einzuholen. Die Entscheidung C-654/23 stärkt dabei die Position von Webseitenbetreibern, stellt jedoch gleichzeitig klare Bedingungen auf.

Der Hintergrund: Die „Soft-Opt-in“-Regelung

Grundsätzlich gilt im E-Mail-Marketing das Prinzip: Keine Werbung ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung (Opt-in). Doch es existiert eine wichtige Ausnahme, bekannt als „Soft-Opt-in“. Diese ist in der europäischen Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (ePrivacy-Richtlinie) verankert und findet sich im deutschen Recht in § 7 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wieder.

Diese Ausnahme besagt vereinfacht: Wenn ein Unternehmen im Zusammenhang mit dem „Verkauf einer Ware oder Dienstleistung“ die E-Mail-Adresse eines Kunden erhält, darf diese Adresse für Direktwerbung für „eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen“ verwendet werden – sofern der Kunde nicht widersprochen hat und bei der Erhebung sowie jeder Verwendung auf das Widerspruchsrecht hingewiesen wird.

Die spannende Frage, die der EuGH nun klären musste, lautete: Liegt ein „Verkauf einer Dienstleistung“ auch dann vor, wenn der Nutzer kein Geld bezahlt, sondern lediglich ein kostenloses Benutzerkonto erstellt, um im Gegenzug Zugriff auf Inhalte zu erhalten?

Das Urteil: Daten gegen Leistung ist wie ein „Verkauf“

Der EuGH hat in seiner Entscheidung eine weite Auslegung des Begriffs „Verkauf“ vorgenommen. Im verhandelten Fall bot ein Medienunternehmen Nutzern an, ein kostenloses Konto zu erstellen, um Zugriff auf mehr Artikel zu erhalten. Im Gegenzug wurde ein Newsletter versendet, der auch Werbung für kostenpflichtige Abos enthielt.

Das Gericht stellte fest:

  1. Kostenlos ist nicht umsonst: Auch wenn kein Geld fließt, gilt die Bereitstellung von Daten (E-Mail-Adresse) im Tausch gegen Zugang zu Inhalten als Kontext eines „Verkaufs einer Dienstleistung“. Die Gegenleistung des Nutzers besteht in der Preisgabe seiner Daten, die einen wirtschaftlichen Wert haben.
  2. Newsletter als Direktwerbung: Ein Newsletter, der Inhalte der Seite bewirbt und versucht, Nutzer zum Abschluss eines kostenpflichtigen Abonnements zu bewegen, fällt unter den Begriff der Direktwerbung.
  3. Vorrang der Spezialregelung: Greift diese Ausnahme (Soft-Opt-in), bedarf es keiner gesonderten Einwilligung nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die ePrivacy-Richtlinie ist hier als spezielleres Recht (Lex Specialis) maßgeblich.
Abstrakte Darstellung einer digitalen Tür, durch die Daten hinein und Inhalte herausfließen.

Praktische Folgen für Webseitenbetreiber und Online-Shops

Für die Praxis bedeutet dies eine Erleichterung, aber keinen Freifahrtschein. Werden im Rahmen einer kostenlosen Registrierung (z. B. für ein Whitepaper, einen Zugang zu einem geschlossenen Bereich oder ein Webinar) E-Mail-Adressen erhoben, kann unter Umständen auf das doppelte Opt-in Verfahren für den anschließenden Newsletter verzichtet werden, wenn folgende strikte Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

  • Die Adresse wurde im Kontext einer Transaktion (auch Tausch Daten gegen Leistung) erlangt.
  • Die Werbung bezieht sich ausschließlich auf eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen.
  • Der Nutzer wurde bei der Erhebung der Adresse klar und deutlich auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen.
  • Der Nutzer hat der Verwendung nicht widersprochen.
  • In jeder Werbe-Mail wird erneut auf die Abbestellmöglichkeit hingewiesen.

 

Es ist essenziell, dass diese Kriterien penibel eingehalten werden. Eine fehlerhafte Umsetzung führt schnell zu Abmahnungen oder Bußgeldern.

Rechtssichere Beratung durch Kanzlei Kramarz

Die Abgrenzung, was genau als „ähnliche Ware oder Dienstleistung“ gilt und wie der Hinweis auf das Widerspruchsrecht rechtssicher formuliert sein muss, ist oft eine Einzelfallentscheidung. Rechtsanwalt Christian Kramarz, LL.M., Fachanwalt für IT-Recht sowie Urheber- und Medienrecht, unterstützt Unternehmen dabei, ihre Marketing-Prozesse rechtssicher zu gestalten.

Für eine Überprüfung Ihrer Newsletter-Praxis oder bei erhaltenen Abmahnungen steht die Kanzlei Kramarz gerne zur Verfügung. Nutzen Sie die Möglichkeit einer kostenlosen telefonischen Erstberatung unter 06151-2768227 oder senden Sie eine Anfrage an anfrage@kanzlei-kramarz.de. Weitere Informationen finden Sie auch unter kanzlei-kramarz.de/kontakt.

Was hat der EuGH zum Newsletter-Versand an Gratis-Nutzer entschieden?

Der EuGH hat mit Urteil C-654/23 klargestellt, dass auch eine kostenlose Registrierung (z.B. für ein Benutzerkonto) als "Zusammenhang mit dem Verkauf einer Dienstleistung" gewertet werden kann. Das bedeutet, dass unter bestimmten Voraussetzungen Werbung für eigene ähnliche Produkte an diese Nutzer gesendet werden darf, ohne eine separate DSGVO-Einwilligung einzuholen. Beratung hierzu bietet die Kanzlei Kramarz.

Brauche ich für Newsletter jetzt gar keine Einwilligung mehr?

Nein, das ist ein Trugschluss. Die Einwilligung bleibt der Regelfall. Das Urteil stärkt nur die sogenannte "Soft-Opt-in"-Ausnahme (§ 7 Abs. 3 UWG). Diese greift nur, wenn eine bestehende Kundenbeziehung (auch durch Datentausch) vorliegt, für ähnliche Produkte geworben wird und auf das Widerspruchsrecht hingewiesen wurde. Lassen Sie Ihren Fall im Zweifel prüfen: anfrage@kanzlei-kramarz.de.

Was bedeutet "eigene ähnliche Produkte" bei Newslettern?

Wenn sich ein Nutzer beispielsweise für kostenlose Artikel registriert, sind kostenpflichtige Abonnements derselben Inhalte "ähnliche Produkte". Werbung für völlig fremde Dienstleistungen (z.B. Partnerangebote) wäre hiervon nicht gedeckt und benötigt weiterhin eine Einwilligung. Für eine rechtssichere Einordnung nutzen Sie die kostenlose telefonische Erstberatung der Kanzlei Kramarz (Tel: 06151-2768227).

Wie hilft mir Rechtsanwalt Christian Kramarz bei diesem Thema?

Rechtsanwalt Christian Kramarz, LL.M., ist Fachanwalt für IT-Recht sowie Urheber- und Medienrecht mit über 15 Jahren Erfahrung. Er prüft Ihre Anmeldeprozesse auf Konformität mit der aktuellen Rechtsprechung des EuGH und des UWG, um Abmahnungen zu vermeiden. Kontaktieren Sie uns unter kanzlei-kramarz.de.

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