Markenrecht und Plattformhaftung: Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf zur Störerhaftung von Google

Im Dezember 2024 hat das Landgericht Düsseldorf im einstweiligen Verfügungsverfahren (Az.: 2a O 112/23) ein bedeutendes Urteil zur Störerhaftung von Google im Zusammenhang mit markenrechtsverletzenden Werbeanzeigen auf der Plattform Google Ads gefällt. Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe des Falls, die relevanten rechtlichen Grundlagen und die Auswirkungen dieses Urteils auf die Praxis.


1. Hintergrund des Falls

 

1.1 Die Parteien

Die Skinport GmbH betreibt einen Online-Marktplatz, auf dem virtuelle Gegenstände („Skins“) für das beliebte Computerspiel „Counter-Strike: Global Offensive“ gehandelt werden. Das Unternehmen ist Inhaberin der Unionsmarke „Skinport“.

Google Ireland Limited, Betreiberin des Werbedienstes Google Ads, bietet Unternehmen die Möglichkeit, Werbeanzeigen zu schalten, die auf den Suchergebnisseiten von Google erscheinen.

1.2 Der Streit

Skinport klagte gegen Google, da Dritte auf der Plattform Google Ads Werbeanzeigen geschaltet hatten, die unter Verwendung des Markennamens „Skinport“ Nutzer auf Phishingseiten leiteten. Diese Seiten imitierten die Skinport-Webseite und dienten dem Diebstahl von Zahlungs- und Logindaten. Trotz wiederholter Hinweise unterblieb seitens Google eine hinreichende Vorsorge, sodass weitere gleichartige Anzeigen geschaltet wurden.


2. Rechtliche Grundlagen

2.1 Markenrecht (Unionsmarkenverordnung – UMV)

Gemäß Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a UMV haben Markeninhaber das exklusive Recht, die unautorisierte Nutzung ihrer Marke für identische oder ähnliche Dienstleistungen zu untersagen. Eine kennzeichenmäßige Verwendung liegt vor, wenn der Eindruck erweckt wird, dass die beworbenen Produkte oder Dienstleistungen mit dem Markeninhaber verbunden sind.

2.2 Störerhaftung

Die Störerhaftung betrifft Dritte, die ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, willentlich und adäquat-kausal zu einer Rechtsverletzung beitragen. Eine Haftung setzt die Verletzung von Prüfpflichten voraus.

2.3 Digital Services Act (DSA)

Der DSA regelt die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern. Nach Art. 6 Abs. 1 haften Anbieter nicht für rechtswidrige Inhalte, solange sie keine Kenntnis davon haben. Sobald sie jedoch Kenntnis erlangen, müssen sie zügig handeln. Nationale Gerichte können gemäß Art. 6 Abs. 4 spezifische Maßnahmen anordnen.


3. Entscheidungsgründe des Gerichts

3.1 Markenverletzung durch Drittanbieter

Das Gericht stellte fest, dass die Nutzung des Begriffs „Skinport“ in den Werbeanzeigen eine markenrechtlich relevante Verwendung darstellt. Aufgrund der Gestaltung der Anzeigen gingen Nutzer davon aus, dass die Werbung direkt von Skinport stammte.

3.2 Haftung von Google als Störer

Google wurde als Störer haftbar gemacht. Nach Kenntniserlangung der Verstöße unterließ es das Unternehmen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Rechtsverletzungen zu verhindern. Das Gericht betonte, dass Google die Anzeigenprozesse hätte anpassen können, um ähnliche Verstöße zu unterbinden.

3.3 Interessenabwägung

Das Gericht wog die Interessen von Skinport und Google ab. Es kam zu dem Schluss, dass der Schutz der Marke Vorrang hat, da Google durch geeignete technische Anpassungen die Belastung minimieren kann.


4. Auswirkungen des Urteils

 

4.1 Verantwortung von Plattformbetreibern

Das Urteil unterstreicht die Verantwortung von Plattformen wie Google, aktiv gegen bekannte Rechtsverstöße vorzugehen. Die bloße Kenntniserlangung verpflichtet zu umgehenden und effektiven Maßnahmen.

4.2 Erweiterte Prüfpflichten

Plattformen müssen nicht nur konkrete Verstöße beseitigen, sondern auch Wiederholungen durch Anpassung interner Prozesse verhindern. Diese Verpflichtung endet nicht mit der einmaligen Entfernung eines rechtswidrigen Inhalts.

4.3 Bedeutung des DSA

Der Fall zeigt, wie der DSA in der Praxis angewandt wird, um eine Balance zwischen Haftungsprivilegien und effektiven Prüfpflichten zu schaffen. Nationale Gerichte behalten die Befugnis, spezifische Maßnahmen anzuordnen.


5. Fazit

Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf markiert einen wichtigen Schritt im Umgang mit markenrechtsverletzenden Inhalten auf Plattformen. Es verdeutlicht, dass Plattformbetreiber sich nicht auf ihre neutrale Rolle berufen können, wenn sie Kenntnis von Rechtsverletzungen erlangen. Gleichzeitig zeigt es die Notwendigkeit technischer und organisatorischer Vorkehrungen, um Markenrechte effektiv zu schützen. Dieses Urteil setzt ein klares Signal für eine verantwortungsvollere Gestaltung digitaler Werbeplattformen.