Juristische Gratwanderung: Wann die Bezeichnung „Dubai-Schokolade“ irreführend ist

Dubai-Schokolade Wettbewerbsrecht

LG Frankfurt und LG Köln konkretisieren Anforderungen an geografische Herkunftsangaben

Aktuelle Rechtsprechung im Vergleich

Während das LG Köln in seinen Entscheidungen vom 20.12.2024 (Az.: 33 O 513/24) und 06.01.2025 (Az.: 33 O 525/24) bereits die reine Bezeichnung „Dubai Chocolate“ oder „Dubai-Schokolade“ als irreführend bewertete, differenziert das LG Frankfurt a.M. in seinem Beschluss vom 13.02.2025 (Az.: 2-06 O 19/25 REWIS RS 2025, 463):

„Die Bezeichnung allein genügt nicht – entscheidend ist das Zusammenspiel mit gestalterischen Elementen.“

Keine pauschale Irreführung durch den Begriff „Dubai-Schokolade“

Das Landgericht Frankfurt stellt klar:

 

  • Der Begriff hat sich zum Gattungsbegriff entwickelt („Dubai-Eis“, „Dubai-Kaffee“)
  • Verbraucher assoziieren damit primär Rezepturbestandteile (Pistazien, Engelshaar), nicht die Herkunft
  • Abgrenzung zu LG Köln: Frankfurter Richter sehen keine automatische Täuschung bei englischer Bezeichnung
 

Praxishinweise für Hersteller nach beiden Entscheidungen

Aspekt

LG Köln

LG Frankfurt

Begriff allein

Stets irreführend

Zulässig als Rezepturbezeichnung

Englische Bezeichnung

Verstärkt Importeindruck

Kein Automatismus

Bildsprache

Klares Trennungsgebot (z.B. Burj Khalifa)

Kontextabhängige Risikobewertung

Herkunftshinweise

Muss Hauptkennzeichnung begleiten

Online-Präsentation separat prüfen

Vertiefung: Das Spannungsfeld zwischen MarkenG und UWG

Beide Gerichte stützen sich auf § 127 Abs. 1 MarkenG, interpretieren diesen aber unterschiedlich:

  1. LG Köln:
    • „Dubai“ als geschützte Herkunftsangabe (analog zu „Champagner“)
    • Strenge Auslegung gemäß Art. 13 EU-MarkenVO
  2. LG Frankfurt:
    • Eingeschränkter Schutz für „Dubai“ (keine Qualitätsassoziation wie bei „Himalaya-Salz“, BGH GRUR 2016, 741)
    • Abwägung nach „Hype“-Effekt (Zunahme generischer Verwendungen)

Compliance-Checkliste für Exporteure

  1. Sprachregelung:
    • Deutschsprachige Bezeichnungen („Dubai-Style Schokolade“)
    • Keine rein englischen Produktnamen ohne Kontext
  2. Bildrecht:
    • Städtesilhouetten nur mit Nachweis der Creative-Commons-Lizenzen
    • Keine Nationalsymbole (Flaggen, Wahrzeichen) ohne Zustimmung
  3. Online-Marketing:
    • Herkunftshinweise in jeder Werbeeinheit (auch Social-Media-Posts)
    • Technische Sicherstellung, dass Rückseitenangaben scrollbar sind

Ausblick: Rechtsicherheit durch höchstrichterliche Klärung?

Beide Landgerichte legen EU-Recht (VO 1151/2012) divergierend aus. 

Klärungsbedürftig sind folgende Fragen:

  • Ist „Dubai“ als geografische Angabe schutzfähig, obwohl keine spezifischen Produkteigenschaften daraus resultieren?
  • Ab wann führt generische Verwendung zur Verwirkung von Herkunftsschutz?

Bis dahin gilt: Jede Marketingkampagne benötigt individualisierte Risikoprüfung.

Aktenzeichen der zitierten Entscheidungen:

  • LG Frankfurt a.M., Beschl. vom 13.02.2025, Az.: 2-06 O 19/25
  • LG Köln, Beschl. vom 20.12.2024, Az.: 33 O 513/24
  • BGH, Urt. vom 25.02.2016, Az.: I ZR 133/14 (Himalaya-Salz)

Landgericht Frankfurt a.M. zur Zulässigkeit von "Dubai-Schokolade"-Bezeichnungen

Aktenzeichen

Az.: 2-06 O 19/25
Entscheidungstyp: Beschluss
Datum: 13.02.2025

Leitsatz

"Die Bezeichnung 'Dubai-Schokolade' allein begründet keine Irreführung. Im Kontext gestalterischer Elemente (Skyline-Motive, englische Bezeichnung) kann jedoch ein Täuschungseindruck entstehen."

Kernaussagen des Urteils

  1. Gattungsbegriff-Entwicklung
    "Dubai"-Bezeichnung wird zunehmend als generischer Rezepturbegriff wahrgenommen
  2. Kontextabhängige Bewertung
    Irreführungsgefahr bei Kombination mit:
    • Skyline-Motiven (Burj Khalifa)
    • Englischen Produktbezeichnungen
    • Fehlendem Herkunftshinweis in Online-Werbung

Rechtliche Einordnung

§ 127 MarkenG | Art. 13 EU-MarkenVO 
Anwendungsbereich: 
- Schutz geografischer Herkunftsangaben 
- Auslegung im Lichte von BGH GRUR 2016, 741 
    

Zusammenfassung der Entscheidungsfolgen:

  • ✔️ Online-Werbung muss Herkunft klarstellen
  • ❌ Isolierte Produktabbildungen ohne Kontextangaben
  • ⚠️ Schriftgrößenverhältnis mind. 1:3 (Hauptname zu Herkunft)