OLG Köln verurteilt Fotoagentur: So wird Schadensersatz bei Bildrechtsverletzungen berechnet

Eine technische Zeichnung symbolisiert die komplexe Berechnung von Schadensersatz nach der Lizenzanalogie, wie im Urteil des OLG Köln.

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Die kommerzielle Nutzung von Fotografien ohne die erforderliche Zustimmung der Rechteinhaber ist ein dauerhaftes Ärgernis im digitalen Raum. Insbesondere Fotoagenturen, die Bilder zur Lizenzierung anbieten, stehen hier in einer besonderen Verantwortung. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 23. Mai 2025 (Az. 6 U 61/24) beleuchtet eindrücklich die Haftung einer solchen Agentur und gibt detaillierte Einblicke in die Berechnung des zu leistenden Schadensersatzes.

Der Fall: Bilder aus Innenräumen und von Kunstwerken im Netz

Eine Fotoagentur bot auf ihrer Webseite hunderttausende Bilder zur Lizenzierung an, die von Fotografen hochgeladen wurden. Darunter befanden sich auch zahlreiche Aufnahmen, die im Inneren eines bekannten, öffentlich zugänglichen Gebäudes entstanden waren. Einige dieser Fotos zeigten zudem ein berühmtes, urheberrechtlich geschütztes Kirchenfenster eines namhaften Künstlers.

Die Eigentümerin des Gebäudes ging gegen diese Praxis vor. Sie sah sowohl ihre eigenen Rechte am Eigentum als auch die Urheberrechte des Künstlers, für den sie in Prozessstandschaft handelte, verletzt. Der Fall landete nach mehreren Instanzen schließlich vor dem Oberlandesgericht Köln.

Zwei Rechtsgrundlagen: Eigentumsrecht und Urheberrecht

Das Gericht musste zwei verschiedene Anspruchsgrundlagen prüfen:

  1. Verletzung des Eigentumsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB): Die Fotos, die die Innenräume des Gebäudes zeigten, stellten eine Verletzung des Eigentumsrechts der Klägerin dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Eigentümer das Recht, die kommerzielle Verwertung von Aufnahmen seines Eigentums zu kontrollieren.
     
     
  2. Verletzung des Urheberrechts (§ 97 UrhG): Die Abbildungen des kunstvoll gestalteten Fensters verletzten das Urheberrecht des Künstlers. Das Gericht stellte klar, dass das Fenster als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlichen Schutz genießt.
Ein digitaler Strom von Fotos wird durch eine goldene Linie unterbrochen, was die gerichtliche Unterbindung von Urheberrechtsverletzungen durch eine Fotoagentur symbolisiert.

Die Haftung der Fotoagentur: Kein bloßer Vermittler

Die Agentur argumentierte, sie sei nicht in vollem Umfang verantwortlich, da sie die Bilder nicht selbst erstelle, sondern nur eine Plattform biete. Dieser Argumentation erteilte das Gericht eine klare Absage.

Das OLG Köln stufte die Agentur als unmittelbare Handlungsstörerin ein. Sie lässt sich selbst Verwertungsrechte einräumen, versieht die Bilder mit einer eigenen Marke und Nummer und lizenziert sie dann gegen Entgelt weiter. Damit unterscheidet sich ihr Geschäftsmodell maßgeblich von dem eines reinen Host-Providers. Das Gericht betonte, dass die Agentur zumutbare Prüfpflichten hat und sich nicht einfach auf die Zusicherungen der hochladenden Fotografen verlassen kann. Ein Geschäftsmodell, das solche Prüfungen nicht zulässt, muss entsprechend umstrukturiert werden.

Herzstück des Urteils: Die Berechnung des Schadensersatzes per Lizenzanalogie

Für die Berechnung der Schadenshöhe wandte das Gericht in beiden Fällen die Methode der Lizenzanalogie an. Dabei wird die Frage gestellt: Was hätten vernünftige Vertragspartner als Lizenzgebühr vereinbart, wenn die Agentur vorab um Erlaubnis gefragt hätte?

Das Gericht griff zur Schätzung auf die Tarife der VG Bild-Kunst zurück. Besonders aufschlussreich ist hier die Wahl der Tarifgruppe:

  • Das Gericht wählte nicht die Tarife für „Werbliche Nutzung“ (Gruppe A), sondern die Tarife für die „Gewerbliche Nutzung von Informationsdiensten“ (Gruppe D). Diese passe besser zum Geschäftsmodell einer Fotoagentur, die Bilder an andere kommerzielle Nutzer weitergibt.
     
  • Das Gericht berücksichtigte auch die branchenüblichen Umsatzerlöse. Ein vernünftiger Lizenznehmer würde keine Gebühr vereinbaren, die seinen zu erwartenden Gewinn übersteigt.
    Der entscheidende Schritt des Gerichts war jedoch, die sich aus der Tabelle ergebende Gebühr angemessen zu verdoppeln. Die Begründung: Die Standardtarife berücksichtigen nicht, dass die Agentur die Bilder für jedwede Zwecke zur Unterlizenzierung anbietet, was eine weitreichendere Nutzung darstellt.

 

Basierend auf dieser Methode errechnete der Senat einen Schadensersatz von 9.960,00 Euro für die Urheberrechtsverletzung am Fenster und 24.772,00 Euro für die Verletzung des Eigentumsrechts an den Innenaufnahmen.

Fazit für Rechteinhaber und Fotografen

Das Urteil des OLG Köln ist eine wichtige Bestätigung für die Rechte von Künstlern, Fotografen und Eigentümern. Es macht deutlich, dass Fotoagenturen eine aktive Rolle und damit eine hohe Verantwortung tragen. Die Methode der Schadensberechnung zeigt, dass Gerichte bereit sind, Standardtarife an die Realitäten des Marktes anzupassen, um eine angemessene Entschädigung sicherzustellen.

Haben Sie Fragen zur Lizenzierung Ihrer Werke oder vermuten Sie eine Verletzung Ihrer Bildrechte? Die Kanzlei Kramarz steht Ihnen mit 15 Jahren Erfahrung im Urheber- und Medienrecht zur Seite. Wir prüfen Ihre Ansprüche und setzen diese für Sie durch. Nutzen Sie unsere kostenlose telefonische Erstberatung. Kontaktieren Sie uns unter kanzlei-kramarz.de/kontakt, per E-Mail an anfrage@kanzlei-kramarz.de oder telefonisch unter 06151-2768227.

 
   
      Haftet eine Fotoagentur immer für Urheberrechtsverletzungen auf ihrer Plattform?      
       

Laut dem OLG Köln (Az. 6 U 61/24) haftet eine Agentur, die sich selbst Verwertungsrechte einräumt und Bilder aktiv lizenziert, als unmittelbare Handlungsstörerin. Sie kann sich nicht auf die Privilegien eines reinen Host-Providers berufen und hat zumutbare Prüfpflichten bezüglich der angebotenen Bilder. Für Unterstützung zu diesem Thema kontaktieren Sie gerne die Kanzlei Kramarz.

     
   
 
 
   
      Was ist die "Lizenzanalogie" und wie wird sie angewendet?      
       

Die Lizenzanalogie ist eine Methode zur Berechnung von Schadensersatz. Es wird ermittelt, welche Lizenzgebühr vernünftige Vertragspartner vereinbart hätten, wäre vor der Nutzung eine Erlaubnis eingeholt worden. Gerichte nutzen oft branchenübliche Tarife (z.B. der VG Bild-Kunst) als Schätzungsgrundlage. Eine kostenlose telefonische Erstberatung erhalten Sie bei der Kanzlei Kramarz (Tel: 06151-2768227).

     
   
 
 
   
      Darf ein Gericht die Lizenzgebühren aus Tariftabellen einfach erhöhen?      
       

Ja. Das OLG Köln hat im besprochenen Fall die als angemessen erachtete Tarifgebühr der VG Bild-Kunst verdoppelt. Als Begründung wurde angeführt, dass das Geschäftsmodell der Agentur (Unterlizenzierung für beliebige Zwecke) eine weitreichendere Nutzung darstellt, als sie im Standardtarif abgebildet ist. Im Zweifel beraten wir Sie gerne: anfrage@kanzlei-kramarz.de.

     
   
 
 
   
      Kann ich die kommerzielle Nutzung von Fotos meines Gebäudes verbieten?      
       

Ja, das Recht am Eigentum nach § 823 Abs. 1 BGB schützt Sie davor, dass andere ohne Ihre Zustimmung kommerziell von Fotos Ihrer Innenräume profitieren. Sie können Unterlassung und Schadensersatz fordern. Rechtsanwalt Christian Kramarz, LL.M., berät Sie umfassend dazu. Nutzen Sie unsere kostenlose Erstberatung unter 06151-2768227 oder besuchen Sie uns auf kanzlei-kramarz.de.

     
   
 

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