BGH-Urteil zur Werbung mit dem Begriff „Klimaneutral“

Fachanwalt-Urheberrecht-Darmstadt-2025

Nachhaltigkeit ist heute ein großes Thema. Nicht wenige Unternehmen werben daher gerne damit, dass ihre Produkte „klimaneutral“ sind. Damit erwecken sie bei den Konsumenten den Eindruck, dass das Produkt selbst CO2-arm hergestellt wurde. Einige Unternehmen kompensieren die bei der Produktion ausgestoßene CO2-Menge jedoch lediglich durch die Unterstützung von Umweltprojekten, ohne den Produktionsprozess selbst CO2-neutral zu gestalten. Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass die Verwendung des Begriffs „klimaneutral“ in der Werbung nur zulässig ist, wenn in der Werbung erläutert wird, was damit gemeint ist.

Süßwarenwerbung in Zeitungsanzeige

Der Süßwarenhersteller Katjes warb in einer Fachzeitschrift der Lebensmittelbranche mit der Aussage „Ab 2021 produziert Katjes alle Produkte klimaneutral“. Darunter befand sich der Hinweis „Klimaneutrales Produkt“ mit einem QR-Code, der auf die Internetseite eines „ClimatePartners“ führte. Die Produktion der Süßwaren von Katjes erfolgt nicht selbst CO2-neutral, sondern Katjes unterstützt als Ausgleichsmaßnahme Klimaschutzprojekte über den „ClimatePartner“.

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hielt diese Werbeaussage für irreführend und ging dagegen vor. Sie war der Auffassung, dass der Begriff „klimaneutral“ von den angesprochenen Verkehrskreisen so verstanden werde, dass der Herstellungsprozess selbst klimaneutral sei. Zumindest müsse in der Werbung selbst näher erläutert werden, dass die Klimaneutralität durch Kompensationsmaßnahmen erreicht werde.

Keine Irreführung laut LG Kleve und OLG Düsseldorf

Das Landgericht Kleve wies die Klage ab (LG Kleve, Urteil vom 22.06.2022, Az.: 8 O 44/21).

Auch die anschließende Berufung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf hatte keinen Erfolg (OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.07.2023, Az.: I-20 U 152/22). Das OLG verneinte einen Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 UWG und sah die Werbeaussage nicht als irreführend an. Der Verbraucher verstehe den Begriff „klimaneutral“ im Sinne einer ausgeglichenen CO2-Bilanz und verstehe darunter sowohl eine Vermeidung als auch eine Kompensation. Auch einen Verstoß gegen § 5a Abs. 1 und Abs. 3 UWG wegen Vorenthaltens einer für die Entscheidung des Verbrauchers wesentlichen Information verneinte das OLG. Zwar stufte es die Information über die Art und Weise der Erreichung der Klimaneutralität als wesentlich ein. Allerdings sah es den Hinweis auf die über den QR-Code erreichbare Internetseite als ausreichend an, um die erforderliche Information zu erteilen.

BGH: Begriff mehrdeutig

Die Revision vor dem Bundesgerichtshof hatte dagegen Erfolg. Der BGH entschied, dass die Werbung durch aktive Täuschung im Sinne von § 5 Abs. 1, 2. Alt., Abs. 2 Nr. 1 UWG irreführend sei (BGH, Urteil vom 27.06.2024, Az.: I ZR 98/23). Sie enthalte zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Eigenschaften der Ware, zu denen auch das Herstellungsverfahren und die Vorzüge der Ware gehörten. Der Begriff „klimaneutral“ sei mehrdeutig, da darunter sowohl eine CO2-Reduzierung im Produktionsprozess als auch ein CO2-Ausgleich verstanden werden könne. Die konkrete Bedeutung des Begriffs müsse in der Werbung erläutert werden. Dies sei notwendig, da die Reduktion Vorrang vor der Kompensation habe. Gerade bei umweltbezogener Werbung sei die Irreführungsgefahr für den Verbraucher besonders hoch und es bestehe ein gesteigertes Aufklärungsinteresse über die Bedeutung und den Inhalt der verwendeten Begriffe und Zeichen. Es verurteilte Katjes zur Unterlassung der Werbung

Reduktion vor Kompensation

Die Reduktion von CO2 hat auch deshalb Vorrang vor der Kompensation, weil die Kompensation keinen Anreiz bietet, Maßnahmen zur Reduktion der eigenen Emissionen zu ergreifen. Vielmehr stellt die Kompensation eine Möglichkeit dar, für das eigene klimaschädliche Verhalten zu bezahlen, ohne es abstellen zu müssen. Zudem ist unter Experten umstritten, inwieweit Umweltprojekte tatsächlich CO2 kompensieren.

Fazit

Unternehmen sollten sich gut überlegen, wie sie ihre Produkte bewerben. Die transparentere Erklärung des Begriffs „klimaneutral“ dürfte klimabewussten Verbrauchern die Kaufentscheidung erleichtern.

Oft sind Abmahnungen im Wettbewerbsrecht rechtlich angreifbar. Lassen Sie sich von einem erfahrenen Rechtsanwalt Wettbewerbsrecht beraten.