Ein mutmaßlicher Skandal erschüttert die Welt des Fotojournalismus und rückt eine fundamentale Frage in den Fokus: Wer ist der wahre Urheber eines Bildes – und wie lässt sich das beweisen? Auslöser ist der Dokumentarfilm „The Stringer“, der auf dem Sundance-Festival Premiere feierte. Darin wird behauptet, dass das weltberühmte „Napalm-Mädchen“-Foto („The Terror of War“) nicht vom preisgekrönten Fotografen Nick Út stammt, sondern von einem lokalen vietnamesischen Freelancer, einem sogenannten „Stringer“. Dieser soll für seine Arbeit lediglich 20 Dollar und einen Abzug des Fotos erhalten haben, während Út mit dem Pulitzer-Preis und weltweitem Ruhm geehrt wurde.
Dieser Fall, der aktuell für hitzige Diskussionen sorgt und bei dem die Agentur Associated Press (AP) weiterhin an Nick Úts Urheberschaft festhält, während andere Quellen und sogar die World Press Photo Organisation Zweifel äußern und Auszeichnungen teils revidieren, unterstreicht die enorme Bedeutung des Nachweises der Urheberschaft. Er zeigt auf dramatische Weise, welche Konsequenzen – finanziell und für das Renommee – mit der Klärung dieser Frage verbunden sind.
Als Kanzlei Kramarz, spezialisiert auf Urheber- und Medienrecht, möchten wir diesen aktuellen Anlass nutzen, um Ihnen als Fotografen die Wichtigkeit und die Methoden des Urhebernachweises näherzubringen. Denn auch wenn Ihr Name (noch) nicht Nick Út ist, sind Ihre Bildrechte wertvoll und schützenswert!
Warum ist der Nachweis der Urheberschaft so wichtig?
Das deutsche Urheberrecht schützt Sie als Schöpfer eines Fotos umfassend. Sie haben das ausschließliche Recht zu bestimmen, wie und wo Ihr Bild verwendet wird. Bei ungenehmigter Nutzung stehen Ihnen in der Regel Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz zu. Doch all diese Rechte können Sie nur dann effektiv durchsetzen, wenn Sie im Streitfall zweifelsfrei belegen können, dass das Foto von Ihnen stammt.
Der Fall des „Napalm-Mädchens“ illustriert die Problematik: Jahrzehntelang galt Nick Út als unbestrittener Urheber. Nun, über 50 Jahre später, werden massive Zweifel laut, gestützt durch Zeugenaussagen und Rekonstruktionen der damaligen Ereignisse. Fehlende oder unklare Beweise können dazu führen, dass der wahre Schöpfer um Anerkennung und Lohn seiner Arbeit gebracht wird.
Die Herausforderung: Vom Abmahnen zum gerichtlichen Beweis
In einem ersten Schritt, der Abmahnung, genügt oft die bloße Behauptung der Urheberschaft. Der Abgemahnte kann dies häufig nicht unmittelbar überprüfen. Weigert er sich jedoch, eine Unterlassungserklärung abzugeben, das Bild zu entfernen oder Zahlungsansprüche zu erfüllen, wird der Gang vor Gericht unumgänglich.
Spätestens hier müssen Sie handfeste Beweise auf den Tisch legen. Das Gericht muss davon überzeugt werden, dass Sie der Urheber sind. Wenn Sie die Nutzungsrechte von einem anderen Fotografen erworben haben, müssen Sie zudem die gesamte Rechtekette lückenlos bis zum ursprünglichen Schöpfer darlegen können.
Wie weise ich meine Urheberschaft an einem Foto nach? Die entscheidenden Methoden
Die Kontroverse um das „Napalm-Mädchen“-Foto zeigt, wie schwierig die Beweisführung nach langer Zeit und bei widersprüchlichen Angaben sein kann. Umso wichtiger ist es, von Anfang an auf eine saubere Dokumentation und Beweissicherung zu achten:
1. Zeugenaussagen: Wer war dabei?
Personen, die bei der Aufnahme anwesend waren – seien es Modelle, Assistenten, andere Journalisten oder im aktuellen Fall möglicherweise andere Fotografen vor Ort – können als Zeugen dienen. Im Film „The Stringer“ spielen Zeugenaussagen und die Rekonstruktion, wer sich wann wo befand, eine zentrale Rolle.
2. Bilderserien und weiteres Material: Der Kontext zählt
Können Sie weitere Fotos vorlegen, die eindeutig zur selben Aufnahmeserie gehören und die nur Sie besitzen? Oder gibt es vielleicht sogar Filmaufnahmen, die Sie beim Fotografieren zeigen? Solches Material kann ein starkes Indiz sein. Im Fall des „Napalm-Mädchens“ versuchen die Filmemacher, anhand von anderem Film- und Fotomaterial die Positionen der beteiligten Fotografen zu rekonstruieren.
3. Die unschätzbaren Originaldateien (RAW-Format)
Der Besitz der hochauflösenden Originaldateien, idealerweise im RAW-Format (dem digitalen Negativ), ist oft ein sehr starkes Beweismittel. Diese Dateien enthalten die meisten Bildinformationen und sind schwerer zu manipulieren als beispielsweise JPEGs. Hätte der im Film genannte „Stringer“ damals seine RAW-Dateien archiviert, wäre seine Position heute möglicherweise stärker.
4. Metadaten: Mit Vorsicht zu genießen
EXIF-Daten in Bilddateien (Kameratyp, Aufnahmezeitpunkt etc.) können Hinweise geben, sind aber als alleiniger Beweis oft nicht ausreichend, da sie manipulierbar sind.
5. Die gesetzliche Urhebervermutung (§ 10 UrhG)
Sind Sie auf Vervielfältigungsstücken (z.B. Abzügen, Büchern) oder bei Online-Veröffentlichungen als Urheber genannt, greift die Vermutung des § 10 UrhG zu Ihren Gunsten. Diese Vermutung ist jedoch widerlegbar, wie der aktuelle Fall zeigt, falls stichhaltige Gegenbeweise vorgelegt werden. Die damalige Praxis, bei Agenturen etablierte Namen anstelle von lokalen Freelancern zu nennen – wie im Film für AP behauptet – würde diese Vermutung aktiv untergraben.
Lehren aus dem Fall „Napalm-Mädchen“: Proaktive Beweissicherung ist unerlässlich!
Der aktuelle Disput sollte allen Fotografen eine Mahnung sein:
- Archivieren Sie sorgfältig: Bewahren Sie Ihre Originaldateien (insbesondere RAWs) sicher auf und geben Sie sie nicht leichtfertig aus der Hand.
- Dokumentieren Sie Ihre Arbeit: Notieren Sie, wann, wo und unter welchen Umständen Fotos entstanden sind. Vermerken Sie mögliche Zeugen.
- Bestehen Sie auf Urheberbenennung: Achten Sie darauf, dass Sie bei jeder Veröffentlichung korrekt als Urheber genannt werden. Dies stärkt Ihre Rechtsposition.
- Verträge klar gestalten: Wenn Sie mit Agenturen oder Auftraggebern arbeiten, sorgen Sie für klare vertragliche Regelungen bezüglich der Urheberbenennung und der Nutzungsrechte.
Bilderklau oder strittige Urheberschaft? Wir sind für Sie da!
Der Fall des „Napalm-Mädchens“ ist ein Extrembeispiel, doch Probleme mit der Urheberschaft und Bilderklau sind im digitalen Zeitalter an der Tagesordnung. Als Fachanwälte für Urheber- und Medienrecht sowie Informationstechnologierecht mit 15 Jahren Erfahrung beraten und vertreten wir von der Kanzlei Kramarz Sie kompetent und engagiert.
Wenn Ihre Fotos unrechtmäßig genutzt werden oder Ihre Urheberschaft bestritten wird, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Nutzen Sie unsere kostenlose telefonische Erstberatung, um Ihren Fall unverbindlich zu besprechen. Sie erreichen uns über unsere Webseite kanzlei-kramarz.de/kontakt, per E-Mail unter anfrage@kanzlei-kramarz.de oder telefonisch unter 06151-2768227. Wir setzen uns für Ihre Rechte ein!