Mit dem Urteil vom 09.06.2022, Az. 14 O 283/20 (LG Köln, Urteil vom 09.06.2022 – 14 O 283/20 – openJur) hat das Landgericht Köln einer künstlerisch dargestellten Grafik eines angebissenen Pizzastücks Urheberrechtsschutz zugesprochen.
Kläger in dem Fall ist der Geschäftsführer eines Franchiseunternehmens, welcher Restaurants und Lieferservices für Speisen besitzt. Dem gegenüber als Beklagte eine Großhändlerin von Verpackungsmaterial, sowie deren Geschäftsführer. Abgemahnt wurde hier aufgrund einer vorgeworfenen Urheberrechtsverletzung folgend der Nutzung der Abbildung „seines“ Pizzastücks.
Handelt es sich hierbei um eine Markenrechtsverletzung…
Normalerweise denkt man bei so einem Vorgehen zunächst daran sich auf seinen Markenschutz zu berufen. Diese gelten nach §6 MarkenG jedoch nur wenn man mit der Markeneintragung früher als die gegenüberliegende Partei dran war und somit das ältere Markenrecht besitzt. Dadurch das die Beklagte ihre Wort-Bild-Marke schon am 12.06.2017 eintragen lassen hat verfügte diese im Vergleich zur Markeneintragung des Klägers am 17.07.2006 über das ältere Markenrecht wodurch dieser sich nicht auf das Recht der Markeneintragung beziehen kann.
… oder doch um eine Urheberrechtsverletzung?
Der Kläger stützte seine Klage daher auf die Verletzung des Urheberrechts und forderte auf dieser Grundlage die Unterlassung der Nutzung der Grafik auf den Verpackungskartons für den Außenverkauf von den Produkten der Beklagten. Die Schlüsselfrage für das Gericht war, ob es sich tatsächlich um ein urheberrechtlich geschütztes Werk der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr.4 UrhG handelt.
Werke der angewandten Kunst
Laut BGH-Rechtsprechung wird bei Werken der angewandten Kunst keine vergleichbare gesteigerte Anforderung der geistigen Gestaltungshöhe erforderlich sein, wie bei Werken der zweckfreien Kunst. Vorrang hat hierbei ob diese ein Original im Sinne einer eigenen geistigen Schöpfung des Urheberrechts darstellt und somit von einer „künstlerischen Leistung“ gesprochen werden kann. Wenn man sich ein angebissenes Stück Pizza vorstellt dann erfolgt dies üblicherweise durch ein dreieckiges Stück mit einem fehlenden Teil am vorderen Teil der Pizza. Bei der streitgegenständlichen Grafik war der Bissabdruck jedoch am oberen Teigrand. Das Gericht maß der Grafik daher eine „eigene Bildsprache“ zu. Zwar hatte der Beklagte versucht die Grafik auf seinen Artikeln minimal abzuwandeln. Die Abwandlung war jedoch nicht ausreichend um den Schutzbereich der Original-Grafik zu entkommen. Das Landgericht Köln hat für den Werkschutz der angewandten Kunst, hinsichtlich grafischer Abbildungen Kriterien aufgestellt. Es darf sich bei der Grafik nicht um eine naturalistische Darstellung des abgebildeten Objekts handeln, sondern muss abstrakt gehalten werden. Gleichzeitig muss diese einen Gestaltungsspielraum erkennen lassen, welche der Urheber in origineller Weise ausgefüllt hat. Nach dieser Entscheidung wird die erforderliche Schöpfungshöhe einschließlich der Kleinen Münze“ äußerst niedrig angesetzt. Die Kleine Münze bezeichnet solche Werke, die grade noch zu den urheberrechtlich geschützten Werken gehören und sich somit an der untersten Grenze des Anwendungsbereichs bewegen.