Robert Habeck erstattet Strafanzeige gegen Twitter-Nutzer?

Eine Aussage von Robert Habeck veranlasst einen Internet-Nutzer auf Twitter zu dem Kommentar: „Schmeißt diesen Vollidioten endlich raus #GruenerMist“.

 

Er bekommt Post mit der Mitteilung, dass gegen Ihn ein Ermittlungsverfahren wegen übler Nachrede, § 188 StGB eröffnet worden ist. Als Geschädigter steht auf dieser Mitteilung „Habeck, Robert“ und ganz Twitter tobt. Der „Habeck, Robert“ habe nun gegen den Internet-Nutzer Strafanzeige wegen „Majestätsbeleidigung“ gestellt.

Die Bild-Zeitung verkündet: „Habeck zeigt Hamburger Internet-Pöbler an„. Ist der Wirtschaftsminister wirklich als „Vollidiot“ bezeichnet worden und hat deswegen die Polizei eingeschaltet?

Diesen Schluss würde ich nicht ziehen.

Die Ermittlungsbehörden werden tätig, wenn Sie von einem möglichen Delikt erfahren. § 188 StGB ist die neu eingeführte Qualifikation zu Delikten des Äußerungsrechts, nämlich der üblen Nachrede und der Beleidigung. Qualifizierendes Tatbestandsmerkmal ist der Umstand, dass „eine im politischen Leben des Volkes stehende Person“ Subjekt einer üblen Nachrede oder einer Beleidigung wird und dies aus „Beweggründen begangen wird, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen“. Grund für die neue Strafnorm war die Verschärfung des Tons in sozialen Netzwerken.

Auf Basis regelrechter Hasskampagnen wurden und werden Kommunalpolitiker aus ihren Positionen gedrängt. Mangels irgendwelcher Unterstützung durch Polizei oder andere Behörden beantragen Bürgermeister den Waffenschein um sich und ihre Familie zu schützen. Am Verwaltungsgericht scheiterte der Bürgermeister der Gemeinde Harsum im Landkreis Hildesheim, Marcel Litfin, mit seinem Antrag auf Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis

Neue Strafnormen einzuführen ist wohl die günstigste Methode um solchen Verhältnissen zu begegnen. Helfen würde es den Betroffenen wohl Ernst genommen zu werden und echte Hilfe zu erfahren. Nötig wäre die Norm aus meiner Sicht nicht gewesen. Es sei denn man hängt dem naiven Glauben an eine erhöhte Strafandrohung würde die Täter davon abhalten in sozialen Netzwerken Dampf abzulassen. Wenn man dem Gesetzgeber böse will könnte man nun unterstellen, dass mit der Qualifikation gerade die Äußerungen sanktioniert sind, bei denen der Schutz der Grundrechte am Nötigsten ist. Denn „eine im politischen Leben des Volkes stehende Person“ ist schon eine Definition bei der es mich schüttelt. Klar ist, wer gemeint ist: Politiker.

Robert Habeck verfügt als Bundesminister mit Sicherheit über Personenschutz. Kommunalpolitiker sind Tätern aller Art schutzlos ausgeliefert. Es muss dann keinen mehr wundern, wenn kein vernünftiger Mensch mehr politisch aktiv sein möchte.

Das Problem bei der Frage der rechtlichen Behandlung von Äußerungen betreffend Politiker ist, das Politiker die Akteure auf dem Marktplatz der Meinungen sind, der Voraussetzung der Demokratie ist. Nicht jeder Bürger ist offenbar zu der feinsinnigen Unterscheidung in der Lage, was politische Position und was persönliche Beleidigung ist. Art. 5 GG schützt die Meinungsfreiheit und dem entsprechend ist der Blickwinkel zu Gunsten der Meinungsfreiheit und damit zu Gunsten des sich äußernden Bürgers bei der Beurteilung solcher Sachverhalte geboten.

Ich denke die Strafverfolgungsbehörden ermitteln in der Sache von sich aus. Das ist ja auch kein Wunder, wurde die Vorschrift des § 188 StGB als die Antwort auf Hass im  Hetz gegen Politiker gefeiert. Wo der neue Straftatbestand anfängt und wo er aufhört, scheint noch nicht klar zu sein. Es sind Urteile zu erwarten, die, wie im Fall von Renate Künast am LG Berlin, für Aufsehen Sorgen werden. 

Die Erkenntnis, dass hier Steine statt Brot geliefert wurden, wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Aber man mag sich auch für Augen führen, dass mit § 188 StGB ja nur eine Qualifikation zu bestehenden Normen geschaffen wurde. Wenn diese Verhaltensweisen aber schon immer strafbar waren, §§ 185, 186 StGB, dann wird § 188 StGB kaum zur Lösung des Problems beitragen.