Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hat ein wichtiges Urteil zur Haftung von Medien gefällt, wenn diese auf Basis von illegal beschafften Daten berichten (Az. 16 U 2/23). Es verdeutlicht die hohen Anforderungen an die journalistische Sorgfaltspflicht, insbesondere wenn Medien ihre Berichterstattung auf potenziell unzuverlässige und illegal beschaffte Daten stützen. Das Urteil ist ein entscheidender Sieg für den Schutz des Persönlichkeitsrechts.
Der Ausgangspunkt: Brisante Vorwürfe aus einer gehackten Datei
Der Fall, der dem Gericht vorlag, ist so aktuell wie brisant: Ein Medienhaus veröffentlichte mehrere Artikel, in denen einem Kläger schwerwiegende, rufschädigende Äußerungen zugeschrieben wurden. Die Quelle dieser angeblichen Zitate war jedoch keine verifizierte Aussage oder ein offizielles Dokument, sondern eine HTML-Datei. Diese Datei, die angeblich die Chat-Protokolle eines Facebook-Accounts des Klägers enthielt, wurde den Journalisten von einem Hacker zugespielt.
Der betroffene Kläger bestritt vehement, diese Äußerungen jemals getätigt zu haben, und zog vor Gericht, um seine Rechte zu verteidigen. Er verlangte Unterlassung, Schadensersatz und eine Geldentschädigung.
Das Kernproblem: Die mangelnde Zuverlässigkeit der Quelle
Das OLG Frankfurt stellte in seiner Entscheidung klar, dass die Beweislast für die Wahrheit der ehrverletzenden Tatsachenbehauptungen bei den beklagten Medien liegt. Diese konnten den Beweis jedoch nicht erbringen. Der Grund dafür lag in der Natur ihrer Quelle.
Ein Sachverständiger bestätigte im Verfahren, dass eine einfache, nicht signierte HTML-Datei keinerlei Fälschungssicherheit bietet. Sie kann, vergleichbar mit einem ungeschützten Word-Dokument, jederzeit und ohne erkennbare Spuren verändert werden. Einem solchen elektronischen Dokument kommt daher ein äußerst geringer Beweiswert zu.
Hohe Hürden: Die journalistische Sorgfaltspflicht bei illegalen Quellen
Zwar genießt die Presse das Recht auf Informantenschutz. Das bedeutet, Journalisten müssen ihre Quellen grundsätzlich nicht offenlegen. Dieses Recht entbindet sie jedoch nicht von ihrer Pflicht, die von der Quelle stammenden Informationen sorgfältig auf ihre Richtigkeit zu prüfen.
Das Gericht machte deutlich: Diese Sorgfaltspflicht ist umso strenger, je schwerwiegender die Vorwürfe sind und je zweifelhafter die Herkunft der Information ist. Wenn die Quelle, wie hier, ihre Informationen durch eine Straftat (Hacken) erlangt hat, müssen bei der Redaktion alle Alarmglocken schrillen. Die Beklagten konnten dem Gericht nicht überzeugend darlegen, dass sie die Vertrauenswürdigkeit ihrer Quelle ausreichend geprüft hatten, bevor sie die brisanten und rufschädigenden Inhalte veröffentlichten.
Klares Urteil zum Schutz des Betroffenen
Die Konsequenzen für das Medienhaus waren erheblich:
- Umfassende Unterlassungsansprüche: Den Beklagten wurde untersagt, die unwahren Tatsachenbehauptungen weiter zu verbreiten oder identifizierend über den Kläger im Zusammenhang mit den Zitaten zu berichten.
- Hohe Geldentschädigung: Das Gericht sprach dem Kläger eine Geldentschädigung in Höhe von insgesamt 25.000 € zu. Es anerkannte damit die massive Verletzung seines Persönlichkeitsrechts.
- Feststellung der Schadensersatzpflicht: Zusätzlich wurde festgestellt, dass die Beklagten für alle materiellen Schäden haften, die dem Kläger durch die Berichterstattung entstanden sind oder noch entstehen werden.
Das Gericht stellte außerdem klar, dass dem Kläger nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, seinen gehackten Account nach Bekanntwerden der Veröffentlichungen gelöscht zu haben. Dies sei ein nachvollziehbarer Schritt zur Schadensbegrenzung und keine unzulässige Beweisvereitelung.
Fazit für die Praxis
Das Urteil des OLG Frankfurt ist eine wichtige Mahnung an alle, die Inhalte publizieren. Die Verlockung, eine „exklusive Story“ auf Basis eines Leaks oder gehackter Daten zu veröffentlichen, mag groß sein. Doch der rechtliche und finanzielle Absturz kann tief sein, wenn die Zuverlässigkeit der Quelle nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen wird von den Gerichten zu Recht als hohes Gut geschützt.
Wenn Sie selbst von einer unwahren oder rufschädigenden Berichterstattung betroffen sind oder als Medienschaffender Fragen zur rechtlichen Absicherung Ihrer Publikationen haben, ist eine fachkundige Beratung unerlässlich. Die Kanzlei Kramarz mit ihrer Spezialisierung im Urheber- und Medienrecht sowie IT-Recht steht Ihnen hierbei mit jahrelanger Erfahrung zur Seite. Gerne bieten wir Ihnen eine kostenlose telefonische Erstberatung an. Kontaktieren Sie uns einfach über unsere Webseite kanzlei-kramarz.de/kontakt, per E-Mail an anfrage@kanzlei-kramarz.de oder direkt unter der Telefonnummer 06151-2768227.
Warum ist eine HTML-Datei vom Hacker eine so schlechte Beweisquelle?
Eine einfache, nicht digital signierte HTML-Datei kann laut Gericht und Sachverständigen sehr leicht und ohne hinterlassene Spuren manipuliert werden. Ihr Inhalt kann jederzeit verändert werden. Daher besitzt sie für sich allein kaum Beweiskraft, um zu belegen, dass die darin enthaltenen Aussagen authentisch sind. Für Unterstützung zu diesem Thema kontaktieren Sie gerne die Kanzlei Kramarz.
Muss die Presse ihre Informanten, wie den Hacker, offenlegen?
Nein, die Presse genießt grundsätzlich Informantenschutz. Das Gericht hat aber betont, dass dies die Journalisten nicht von ihrer Sorgfaltspflicht entbindet. Können sie die Zuverlässigkeit ihrer Quelle nicht belegen – gerade wenn diese illegal agiert – tragen sie das volle Risiko für die Veröffentlichung unwahrer Tatsachen. Eine kostenlose telefonische Erstberatung erhalten Sie bei der Kanzlei Kramarz (Tel: 06151-2768227).
Darf ich als Betroffener einen gehackten Account löschen?
Ja. Das OLG Frankfurt hat klargestellt, dass die Löschung eines kompromittierten Accounts eine nachvollziehbare Handlung zur Schadensbegrenzung ist. Dem Betroffenen kann daraus kein Vorwurf der Beweisvereitelung gemacht werden, da er ein legitimes Interesse daran hat, weiteren Missbrauch zu verhindern. Im Zweifel beraten wir Sie gerne zu den richtigen Schritten: anfrage@kanzlei-kramarz.de.
Wie hilft die Kanzlei Kramarz bei rufschädigender Berichterstattung?
Rechtsanwalt Christian Kramarz, LL.M., als Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, hilft Ihnen, sich gegen unwahre Tatsachenbehauptungen und Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu wehren. Wir setzen für Sie Unterlassungs-, Gegendarstellungs- und Schadensersatzansprüche durch. Nutzen Sie unsere kostenlose telefonische Erstberatung unter 06151-2768227 oder besuchen Sie uns auf kanzlei-kramarz.de.