Rezension: Digitale-Dienste-Gesetz, Nomos Handkommentar

Herausgeber:

Dr. Amélie Heldt und Prof. Dr. Sarah Legner

Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) Handkommentar

1.Auflage 2025

Preis: 99 €

364 Seiten

Nomos Verlagsgesellschaft

ISBN 978-3-7560-1533-7

Seit dem 16. November 2022 gilt der Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union in Deutschland. Durch den DSA hat die EU die Regulierung von Online-Diensten wie Social-Media-Plattformen und Suchmaschinen reformiert. Die Verordnung soll der besonderen gesellschaftlichen Bedeutung solcher Dienste gerecht werden. Der DSA setzt unter anderem neue nationale Aufsichtsstrukturen für Online-Dienste voraus. Die Anforderungen des DSA wurden im Digital-Dienste-Gesetz (DDG) umgesetzt, das im Mai 2024 in Kraft getreten ist.

Mit dem kürzlich bei Nomos erschienenen Handkommentar zum Digitale-Dienste-Gesetz gibt es jetzt ein kompaktes Werk zum neuen Gesetz, das bei der Arbeit in der Praxis aber auch bei der Forschung zum Verständnis und zur Recherche herangezogen werden kann. Die Herausgeberinnen des Kommentars sind Dr. Amélie Heldt, stellvertretende Referatsleiterin im Bundeskanzleramt für Grundsatzfragen der Digitalpolitik und Forscherin am Leibniz-Institut für Medienforschung, sowie Prof. Dr. Sarah Legner, Professorin für Zivilrecht, Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht und Europäisches Privatrecht an der EBS Universität in Wiesbaden. Die Autoren der einzelnen Kommentierungen sind Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis.

Zu den Regelungsbereichen des DDG gehören die Etablierung einer Stelle für Nutzerbeschwerden (§§ 14 bis 32 DDG), Ansprüche bei Rechtsverletzungen von Nutzern (§§ 7, 8 DDG) und die Informationspflichten, die Betreiber digitaler Dienste erfüllen müssen (§§ 5, 6 DDG).

Die im DSA vorausgesetzte Behörde für die Beaufsichtigung der Anbieter von Vermittlungsdiensten und der Durchsetzung der Verordnung (Art. 49 Abs. 1 DSA) ist in Deutschland nach § 12 DDG die Bundesnetzagentur. In der Bundesnetzagentur wird dazu gemäß § 14 DDG eine zentrale Koordinierungsstelle für digitale Dienste eingerichtet. Damit soll eine einheitliche Durchsetzung des DSA gewährleistet werden. Prof. Jörn Dr. Lüdemann, der die Kommentierung des § 14 DDG übernommen hat, zieht einen Vergleich zur DSGVO: Die zentrale Koordinierungsstelle für digitale Dienste soll einer uneinheitlichen Rechtsdurchsetzung entgegenwirken, zu der es im Datenschutzrecht auf Grund der verschiedenen Landesbehörden kommt.

Die Koordinierungsstelle ist auch die zentrale Beschwerdestelle für Verstöße gegen den DSA. Das in Art. 53 DSA vorgesehene Beschwerderecht von Nutzern, wird in § 20 DDG konkretisiert. Nutzer können bei der nationalen Koordinierungsstelle Beschwerde einlegen, wenn sie befürchten, dass ein Anbieter digitaler Dienste gegen den DSA verstößt. Prof. Dr. Kai von Lewinski beschreibt die Zuständigkeit der Koordinierungsstelle und erklärt, dass der Beschwerdeprozess dadurch „durchsichtiger, verständlicher und leichter zugänglich“ gemacht wurde. Die Behörde bleibt auch dann Ansprechpartner des Beschwerdeführers, wenn die Beschwerde an die Koordinierungsstelle eines anderen EU-Mitgliedstaates weitergeleitet wird. Der Kommentar zeigt auf, wie die Regelung des § 20 DDG unionsrechtskonform auszulegen ist, um einen Kompetenzverstoß gegen den DSA auszuschließen.

Die §§ 7 und 8 DDG regeln die Folgen von Rechtsverletzungen von Nutzern. Der Autor Dr. Alexander Schiff beschreibt die beschränkte Verantwortlichkeit von Caching- und Hosting-Diensten (§ 7 DDG) und den Anspruch auf Sperrung bei Rechtsverletzung (§ 8 DDG), der zuvor im Telemediengesetz geregelt war. Ein Sperranspruch steht Rechtsinhabern bei Verletzungen ihres Rechts am geistigen Eigentum zu, wenn ein Nutzer eine solche Verletzung mittels eines digitalen Dienstes begangen hat. Für den Rechtsinhaber darf aber keine andere Möglichkeit bestehen, der Rechtsverletzung abzuhelfen. Der Autor verweist auf die einschlägige BGH-Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 26.11.2015, Az.: I ZR 174/17; Urteil vom 13.10.2022, Az.: I ZR 111/21) und erklärt, dass der Rechtsinhaber zumindest ernsthaft versucht haben muss, gegen den Täter selbst vorzugehen. Auch Host-Provider sind vorrangig vor Access-Providern verantwortlich für Rechtsverletzungen. Der Anspruch aus § 8 DDG besteht also nur subsidiär. Insbesondere gegenüber Access-Providern wäre er sonst unverhältnismäßig. An den Sperranspruch des DDG ist bei der Unterstützung von Rechteinhabern daher immer dann zu denken, wenn eine Rechtsverletzung nicht bereits durch eine Einwirkung auf den Täter selbst beseitigt werden kann.

Anbieter von digitalen Diensten haben außerdem Informationspflichten einzuhalten. Diese praktisch bedeutsamen Pflichten sind in § 5 DDG geregelt, der § 5 TMG weitgehend entspricht. Daher kann laut Autor Dr. Michael Denga die Auslegung von § 5 TMG bei der Anwendung des DDG berücksichtigt werden. Die Pflichten des § 5 DDG treffen solche Betreiber digitaler Dienste, die geschäftsmäßig, in der Regel gegen Entgelt, tätig sind. Die Kommentierung beschreibt, wie diese Voraussetzungen zu verstehen und wann sie erfüllt sind und geht auf die in diesem Zusammenhang wichtigsten Fallgruppen ein.

Da das Digitale-Dienste-Gesetz immer wieder auf den Digital Services Act verweist, erleichtert der neue Handkommentar von Amélie Heldt und Sarah Legner das Verständnis beider Regelungen. Mit seinen 364 Seiten ist er kompakt und enthält gleichzeitig Ausführungen zu den wichtigsten Fragen rund um das DDG. Der Kommentar eignet sich daher sehr gut für den Einstieg in die neu geregelte Materie und unterstützt Rechtsanwender bei der praktischen Arbeit oder im Bereich der Forschung. Durch die Verweise auf die einschlägige Literatur wird außerdem die weitergehende Recherche erleichtert. Das Werk ist durch das Inhalts- und Stichwortverzeichnis und die Verzeichnisse der einzelnen Kommentierungen strukturiert aufgebaut. Die gesuchten Informationen lassen sich so einfach finden.

Der DDG-Handkommentar eignet sich somit für Praktikerinnen und Praktiker, insbesondere in den Bereichen Internet- und Medienrecht. Der Kommentar zeigt die Unterschiede und die Ähnlichkeiten zur Rechtslage vor DSA und DDG auf. Da es zu dem jungen DDG bislang kaum Urteile der deutschen Gerichte gibt (u.a. LG München I, Urteil vom 9.7.2024, Az.: 1 HK O 12576/23), helfen die DDG-Kommentierungen besonders bei der Beratung und Unterstützung von Mandantinnen und Mandanten. Wie das Gesetz von Gerichten angewendet wird, bleibt zunächst abzuwarten.

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