🔐 E-Mail-Vertretung als digitale Vollmacht: OLG bestätigt Zurechnung fremder Willenserklärungen

Vertretung E-Mail

Der Präzedenzfall: Ein teurer Klick im Namen der Ehefrau

Das Oberlandesgericht Zweibrücken entschied am 15.01.2025 im Rechtsstreit um einen versicherten Leitungswasserschaden von 2011, dass eine Klägerin sich das Vergleichsangebot ihres Ehemanns aus ihrem E-Mail-Account zurechnen lassen muss. Obwohl der Ehemann nicht formal bevollmächtigt war, begründete das Gericht eine Anscheinsvollmacht nach §§ 164ff BGB.

Ausschlaggebend waren:

  • Langjährige gemeinsame Nutzung des passwortgeschützten Accounts
  • Kenntnis der Zugangsdaten durch den Ehepartner
  • Vorherige Mitwirkung an Versicherungsverhandlungen

 

Der Ehemann hatte 2014 über den Account der Klägerin einen Abfindungsvergleich über 10.000 € an die Versicherung gesendet, der nun – 11 Jahre später – die Geltendmachung von Millionenschäden an der Gebäudesubstanz blockiert.

Kernaussagen des Urteils zur digitalen Vertretungsmacht

Das Gericht wertete die Nutzung des E-Mail-Accounts unter fremdem Namen als konkludente Willenserklärung. Entscheidend war der objektive Empfängerhorizont: Die Versicherung durfte davon ausgehen, mit der berechtigten Account-Inhaberin zu kommunizieren.

Zwei tragende Argumentationslinien:

  1. Rechtsscheinhaftung durch Preisgabe der Login-Daten
    Die Klägerin hatte ihren Ehemann bewusst in die Schadensabwicklung eingebunden und ihm wiederholt Zugang zum Account gewährt – ein Verhalten, das Dritte zur Annahme einer Vertretungsbefugnis berechtigte.
  2. Abfindungsvergleich als Risikoübernahme

 

Der klar formulierte Vergleich („Versicherung von eventuellen Folgeschäden freigestellt“) schließt Nachforderungen aus, selbst bei späteren Überraschungsschäden. Ein krasses Missverhältnis zwischen Abfindungssumme und tatsächlichem Schaden konnte nicht nachgewiesen werden.

 

Technische Implikationen für die Praxis

Das Urteil unterstreicht die Beweiskraft digitaler Kommunikationskanäle:

  • E-Mail-Signaturen gelten als Willensäußerung des Account-Inhabers
  • Passwortmanagement wird zur Compliance-Pflicht
  • Zugriffsprotokolle nach Art. 32 DSGVO gewinnen an Relevanz

 

Besonders brisant: Selbst private Account-Nutzung durch Familienangehörige kann bei beruflicher/geschäftlicher Einbindung zur Haftungsfalle werden.

Fazit für IT-Rechtler:
„Ein geteiltes Postfach ist die Generalvollmacht des Digitalzeitalters – technische Zugriffskontrollen und klare Nutzungsvereinbarungen sind nicht verhandelbar.“

 

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Christian Kramarz, LL.M.
Fachanwalt für IT-Recht

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