WhatsApp & Vertragsrecht: Wann reicht eine Nachricht als schriftliche Vereinbarung?
Die digitale Kommunikation nimmt im Geschäftsverkehr stetig zu. Doch sind WhatsApp-Nachrichten ausreichend, um eine rechtsgeschäftlich vereinbarte Schriftform zu wahren? Mit dieser Frage hat sich das Oberlandesgericht (OLG) München in seinem Urteil vom 11.11.2024 (Az. 19 U 200/24 e) befasst und eine wegweisende Entscheidung getroffen.
Der Fall: Streit um einen Ferrari-Kaufvertrag
Im Mittelpunkt des Verfahrens stand ein Kaufvertrag über einen Ferrari SF90 Stradale, den der Kläger im Jahr 2020 mit einem Autohaus abgeschlossen hatte. Der unverbindlich vereinbarte Liefertermin wurde mehrfach verschoben, und die Kommunikation zwischen den Parteien erfolgte größtenteils über WhatsApp. Nachdem der Wagen bis Mitte 2022 nicht geliefert wurde, trat der Käufer vom Vertrag zurück und forderte seine Anzahlung von 59.500 Euro zurück.
Der Verkäufer hingegen berief sich auf eine vermeintliche Verlängerung der Lieferfrist, die aus WhatsApp-Nachrichten zwischen den Parteien hervorgehen sollte. Er sah darin eine stillschweigende Einigung auf eine spätere Lieferung und verweigerte die Rückzahlung der Anzahlung.
OLG München: WhatsApp kann die Schriftform erfüllen
Das OLG München stellte grundsätzlich fest, dass WhatsApp-Nachrichten die nach § 127 Abs. 2 BGB erforderliche Schriftform erfüllen können, sofern es sich um schriftliche Textnachrichten oder Anhänge wie PDF-Dokumente handelt. Sprach- oder Video-Nachrichten genügen hingegen nicht.
Besonders relevant war, dass die Richter feststellten, dass die Verwendung von Emojis in der juristischen Kommunikation eine erhebliche Rolle spielt. So kann ein „Daumen hoch“-Emoji grundsätzlich als Zustimmung gewertet werden, allerdings nur im jeweiligen Kontext. In diesem Fall kam das Gericht zu dem Schluss, dass kein eindeutiges Einverständnis zur Lieferfristverlängerung vorlag.
Relevanz für die Praxis: Was bedeutet das Urteil?
WhatsApp ist nicht gleich Telefonat – Textnachrichten oder PDFs per Messenger können unter bestimmten Voraussetzungen die Schriftform ersetzen. Sprach- oder Video-Nachrichten hingegen nicht.
Vorsicht bei Emojis – Sie können als Zustimmung gewertet werden, allerdings nur, wenn dies aus dem Gesamtzusammenhang erkennbar ist.
Klare Absprachen sind essenziell – Wer Verträge per Messenger ändern oder ergänzen will, sollte auf eindeutige Formulierungen und ggf. eine schriftliche Bestätigung setzen.
Fazit
Das Urteil zeigt, dass sich die Rechtsprechung zunehmend an moderne Kommunikationsformen anpasst. Dennoch bleibt eine gewisse Rechtsunsicherheit bestehen, insbesondere bei der Interpretation von Emojis oder informellen Nachrichten. Unternehmen und Verbraucher sollten daher weiterhin auf klassische schriftliche Bestätigungen setzen, wenn es um wesentliche Vertragsänderungen geht.
Aktualisierter Praxisleitfaden nach OLG München, Urteil vom 11.11.2024 (19 U 200/24)
Das Oberlandesgericht München hat klargestellt: WhatsApp-Chats und Emojis besitzen in der Vertragswelt rechtsverbindliche Wirkung. Für IT-Unternehmen ergeben sich daraus vier Kernpflichten:
- Schriftformerfüllung via Messenger
- WhatsApp-Textnachrichten erfüllen § 127 BGB
- Achtungspflichten:
- Keine Sprachnachrichten für Vertragsänderungen
- Exportierte Chatverläufe als Nachweispflicht
- Cloud-Speicherung statt lokaler Handyspeicherung
- Emoji-Jurisprudenz in der Praxis
Gerichte interpretieren Symbole kontextabhängig:
- 👍 = Zustimmung (z.B. zu API-Änderungen)
- 😬 = Ablehnung von SLA-Anpassungen
- 😄 ≠ wirksame Fristverlängerung
- ⚠️👎 = kombinierter Widerspruch
- Sofortmaßnahmen für IT-Verantwortliche
- AGB-Update
- Schriftformklauseln für E-Mail/Portale
- Explizites Emoji-Verbot in § 305c BGB
- DevOps-Schulungen
- Rechtssichere Kommunikation in Slack/Teams
- Dokumentationspflichten für GitHub-Kommentare
- Technische Absicherung
- GoBD-konforme Chat-Archivierung
- Automatisierte Risikokennzeichnung von Emojis
Praxisbeispiel aus der IT-Welt:
Ein Cloud-Anbieter kündigt per WhatsApp („Server-Update bis 🗓️✅“). Das 😟-Emoji des Kunden führt zu Annahmeverzug – ohne klare AGB-Regelung entstehen 180.000 € Schadensersatz.
Handlungssicherheit für CTOs/CIOs
Unsere Checkliste für rechtssichere Verträge:
- Schriftform-Medien definieren (E-Mail, CMS)
- Emoji-Nutzung in Change-Prozessen untersagen
- Tägliche Chat-Backups via Enterprise-Tools
Angebot für IT-Unternehmen:
✅ Kostenlose AGB-Prüfung:
- 3-Punkte-Check zur Schriftformtauglichkeit
- Emoji-Risikoanalyse Ihrer Kommunikation
✅ Terminvereinbarung:
☎️ 06151 / XXX-XXX
✉️ office@kanzlei-darmstadt-it.de
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