Ihre Veranstaltung – Ihre Verantwortung: Die Verkehrssicherungspflicht für Veranstalter im Blick

Checkliste Verkehrssicherungspflicht Veranstalter

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ie Organisation einer Veranstaltung, ob kleines Gemeindefest, Konzert oder große Messe, ist oft mit viel Freude und Engagement verbunden. Bei aller Konzentration auf ein gelungenes Event dürfen jedoch rechtliche Aspekte nicht in den Hintergrund treten. Ein zentrales Thema stellt hierbei die Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters dar. Fragen wie „Wer haftet, wenn ein Besucher zu Schaden kommt?“ oder „Was genau muss ein Veranstalter tun, um Gäste zu schützen?“ sind von entscheidender Bedeutung.

Die Kanzlei Kramarz, als erfahrener Partner im Urheber- und Medienrecht sowie Informationstechnologierecht, beleuchtet dieses wichtige Thema, um Veranstaltern einen klaren Überblick zu verschaffen und Wege aufzuzeigen, wie Veranstaltungen sicherer gestaltet und Haftungsrisiken minimiert werden können.

Was genau ist die Verkehrssicherungspflicht?

Die Verkehrssicherungspflicht ist eine gesetzlich nicht explizit definierte, aber durch langjährige Rechtsprechung gefestigte Pflicht. Sie besagt, dass derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, auch dafür verantwortlich ist, notwendige und zumutbare Vorkehrungen zu treffen, um Schäden Dritter zu verhindern. Für Veranstalter bedeutet das: Sie müssen dafür sorgen, dass von Ihrem Event keine vermeidbaren Gefahren für Besucher, Mitarbeiter oder andere Beteiligte ausgehen.

Welche Bereiche umfasst die Verkehrssicherungspflicht für Veranstalter konkret?

Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht ist immer eine Frage des Einzelfalls und hängt von der Art und Größe der Veranstaltung sowie den örtlichen Gegebenheiten ab. Typische Bereiche sind:

  • Geländesicherheit: Ist das Veranstaltungsgelände sicher begehbar? Gibt es Stolperfallen wie lose Kabel, unebene Böden oder unzureichende Beleuchtung? Sind Absperrungen an gefährlichen Stellen (z.B. Bühnengraben, Abhänge) vorhanden und stabil?
  • Aufbauten und Technik: Sind Bühnen, Tribünen, Zelte und andere temporäre Bauten standsicher und fachgerecht errichtet? Ist die eingesetzte Technik (Licht, Ton) sicher installiert und wird sie regelmäßig überprüft?
  • Wetterbedingungen: Gibt es Notfallpläne für Unwetter wie Sturm, Starkregen oder extreme Hitze? Werden Besucher rechtzeitig gewarnt und gibt es Schutzbereiche?
  • Brandschutz: Sind Fluchtwege frei und gekennzeichnet? Gibt es ausreichend Feuerlöscher und sind diese geprüft? Ist das Personal im Brandschutz unterwiesen?
  • Sanitätsdienst: Ist je nach Größe und Art der Veranstaltung ein angemessener Sanitätsdienst vor Ort?
  • Sicherheitsdienst/Ordnungskräfte: Sind genügend und qualifizierte Ordnungskräfte im Einsatz, um z.B. bei Gedränge oder Auseinandersetzungen einzugreifen?
  • Spezifische Gefahren: Je nach Event können besondere Gefahrenquellen bestehen, z.B. Pyrotechnik, Tiere bei Tierschauen oder besondere Risiken bei Sportveranstaltungen.

Wichtig zu verstehen: Die Verkehrssicherungspflicht verlangt nicht, jede auch nur denkbare Gefahr auszuschließen. Das wäre unrealistisch. Es geht um die notwendigen und zumutbaren Maßnahmen, um vorhersehbare und typische Gefahren abzuwehren.

Was passiert bei einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht?

Kommt es zu einem Unfall, weil der Veranstalter seine Verkehrssicherungspflichten schuldhaft verletzt hat, kann er für den entstandenen Schaden haftbar gemacht werden. Dies kann umfassen:

  • Schadensersatz: Ersatz von Sachschäden (z.B. beschädigte Kleidung, Brille).
  • Schmerzensgeld: Bei Körperverletzungen.
  • Heilungskosten: Kosten für ärztliche Behandlung, Rehabilitation etc.
  • Verdienstausfall: Wenn der Geschädigte aufgrund der Verletzung nicht arbeiten kann.

Neben zivilrechtlichen Ansprüchen können unter Umständen auch strafrechtliche Konsequenzen (z.B. wegen fahrlässiger Körperverletzung) drohen.

Wie können Sie als Veranstalter vorbeugen? Ein Plan ist Gold wert!

Eine sorgfältige Planung und Dokumentation sind entscheidend, um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen:

  1. Gefährdungsbeurteilung: Identifizieren Sie systematisch alle potenziellen Gefahrenquellen Ihrer spezifischen Veranstaltung.
  2. Sicherheitskonzept: Entwickeln Sie basierend auf der Gefährdungsbeurteilung ein umfassendes Sicherheitskonzept. Legen Sie konkrete Maßnahmen fest, wer für was zuständig ist und wie im Notfall reagiert wird.
  3. Auswahl und Instruktion von Personal: Setzen Sie qualifiziertes und zuverlässiges Personal ein (z.B. für Aufbau, Technik, Sicherheit) und weisen Sie dieses sorgfältig ein.
  4. Kontrollen: Führen Sie vor, während und nach der Veranstaltung regelmäßige Kontrollen durch, um sicherzustellen, dass alle Sicherheitsmaßnahmen greifen und keine neuen Gefahrenquellen entstanden sind. Dokumentieren Sie diese Kontrollen.
  5. Versicherungsschutz: Eine gute Veranstaltungshaftpflichtversicherung ist unerlässlich, um sich gegen finanzielle Risiken abzusichern.

Wir sind für Sie da!

Die Verkehrssicherungspflicht ist ein komplexes Thema mit weitreichenden Konsequenzen. Eine sorgfältige Vorbereitung und die Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen sind für jeden Veranstalter unerlässlich.

Wenn Sie Fragen zur Verkehrssicherungspflicht, zur Erstellung eines Sicherheitskonzepts oder zu anderen rechtlichen Aspekten Ihrer Veranstaltung haben, stehen wir Ihnen gerne zur Seite. Die Kanzlei Kramarz bietet Ihnen eine kostenlose telefonische Erstberatung an, um Ihre individuelle Situation zu besprechen. Sie erreichen uns unter 06151-2768227, per E-Mail an anfrage@kanzlei-kramarz.de oder über unser Kontaktformular auf kanzlei-kramarz.de/kontakt.

Gehen Sie auf Nummer sicher – für eine gelungene und rechtssichere Veranstaltung!

Stage-Diving

Dass somit die genaue Festlegung der Anforderungen an die Veranstalter von Massenveranstaltungen nicht ganz einfach ist, zeigt der Blick auf zwei Entscheidungen zum sog. Stage-Diving, dem Springen von der Bühne in die Zuschauermenge, wonach die jeweiligen Personen über das Publikum gereicht und nach einer Zeit wieder abgeladen werden.

Im Jahr 2001 hatte das OLG Hamm (Az.13 U 146/01) über die Berufung des beklagten Konzertveranstalters gegen ein Urteil des LG Bochum zu entscheiden. Eine Besucherin eines Rockkonzertes hielt sich in unmittelbarer Nähe zur Bühne auf, als zwei Personen von dieser in den Zuschauerraum sprangen. Dabei erlitt sie Knieverletzungen, die zu einer über einmonatigen Arbeitsunfähigkeit führten. Absperrungen waren keine vorhanden, lediglich zwei Ordner befanden hinter den Boxentürmen. Die Klägerin nahm die Beklagte daraufhin auf Schadensersatz in Anspruch, da die Beklagte nach ihrer Ansicht als Konzertveranstalter das Stage-Diving verhindern und andere Konzertbesuche vor Schäden hätte bewahren müssen. Das Gericht gab der Klägerin Recht und entschied, dass die Veranstalterin ihre obliegende Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt hatte. So handele ist sich beim Stage-Diving um ein bei Rockkonzerten durchaus häufig auftretendes Phänomen, welches der Konzertveranstalterin auch bekannt gewesen sei, sodass diese verpflichtet gewesen sei, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Stage-Diving zu unterbinden. Dass sich die zwei Ordner hinter den Bodentürmen aufgehalten hatten, sei keinesfalls ausreichend gewesen.

Die jeweiligen Maßnahmen hingen jedoch vom Einzelfall ab. Beispielhaft nannte das Gericht hierzu das Sichern des Bühnenbereichs mit durch Gitter oder Barrieren, gegebenenfalls zusätzlich durch Ordner im Bereich der Absperrungen.  Es könne aber auch ausreichend sein, nur Ordnungskräfte im Bühnenbereich zu postieren, welche eingreifen könnten, wenn Besucher auf die Bühne gelangen wollten.

Einschränkend wurde in diesem Fall jedoch noch berücksichtigt, dass die Klägerin ein Mitverschulden traf. Da diese sich trotz der im Verlauf der Veranstaltung stets steigernden Stimmung nahe der Bühne aufgehalten hatte, habe sich diese bewusst einem erhöhtem Risiko ausgesetzt.

Keine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten im Einzelfall

Anders hat das Landgericht Hechingen mit Urteil vom 15. April 2002 (AZ: 2 O 389/01) entschieden.

Der Kläger hatte als Mitglied einer Jugendgruppe und unter Begleitung erwachsener Begleitpersonen ein Rockfestival besucht. Eine Rockband animierte dort im Rahmen ihres Auftritts die Zuschauer zum Stage-Diving. Dieser Aufforderung kam auch der Kläger nach, verletzte sich jedoch nach mehrmaligem Springen von der ca. 1,50 m hohen Bühne an der linken Schulter. Daraufhin verlangte der Kläger vom Veranstalter des Festivals Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen Verletzung seiner Verkehrssicherungspflichten. Die Veranstalter hätten die Gefährlichkeit des Stage-Diving für die anwesenden Jugendlichen erkennen müssen und durch Einsatz von Sicherheitspersonal ein solches unterbinden müssen.

Dem wollte das Gericht jedoch nicht folgen und wies die Klage ab. Es erkannte zwar das Vorliegen einer Verkehrssicherungspflicht, doch liege in diesem Fall kein Verstoß dagegen vor. Hierzu führte zunächst an, dass der Veranstalter eines Rockkonzerts ausreichende Sicherheitsstandards zu gewährleisten und zu kontrollieren habe. Dabei seien insbesondere Maßnahmen zu ergreifen, um Jugendliche und Kinder vor den Folgen ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit zu schützen. Auch erkannte das Gericht die Verletzungsrisiken des Stage-Divings. Dennoch könne im Rahmen der bestehenden Verkehrssicherungspflicht nicht jegliches Risiko ausgeschlossen werden, weshalb es nicht die Pflicht des Veranstalters sei, von vornherein ein Stage-Diving zu verbieten oder durch entsprechende Sicherheitsvorkehrungen zu gewährleisten, dass kein Jugendlicher auf die Bühne steigt.  Von einem 15-jährigen Gymnasiasten sei aufgrund seiner intellektuellen Fähigkeiten und seiner Entwicklung zu erwarten, dass er sich über die Verletzungsrisiken beim Stage-Diving bewusst ist. Die meisten Gerichte dürften dies anders beurteilen, dennoch zeigt diese Entscheidung, dass im Einzelfall auch unerwartete Entscheidungen ergehen können.

Aktuelles Urteil zur Haftung beim Crowd-Surfing in den USA

Fälle dieser Art beschäftigen nicht nur deutsche Gerichte. So hatte jüngst ein Berufungsgericht in den USA über darüber zu entscheiden ob, einem Sicherheitsmitarbeiter des Stadionmanagements gegen die Rockband Blink-182 und deren Tourneeagentur Schadensersatzansprüche zustanden. Der für die Absicherung der Bühne zuständige Sicherheitsmitarbeiter war von einer Crowd-Surfenden Frau an den Augen verletzt worden, wodurch er auf dem linken Auge vollständig und auf dem rechten teilweise erblindete. Der Kläger behauptete, dass der Sicherheitschef der Band entgegen der örtlichen Bestimmungen die Anweisung gegeben habe, das Crowd-Surfing zu erlauben. Das Gericht lehnte letztlich alle Ansprüche ab, da der Kläger nach den US-amerikanischen Tort-Theories, welche für eine deliktische Haftung ausschlaggebend sind, keine Verantwortlichkeit der Band bzw. der Tourneeagentur für das Handeln des Sicherheitschefs feststellen konnte. Auch Ansprüche gegen den Arbeitgeber des Klägers, der die Verantwortung für das Stadion hatte, bestanden keine, da dieser bereits Arbeitnehmerversicherungsleistungen erhalten hatte, sodass nach dem Recht des Staates Ohio keine Klage gegen den Arbeitgeber erhoben werden konnte.

FAQ Verkehrssicherungspflicht Veranstalter

FAQ: Verkehrssicherungspflicht für Veranstalter – Ihre wichtigsten Fragen beantwortet

Die Verkehrssicherungspflicht ist ein zentrales Thema für jeden, der Veranstaltungen plant und durchführt. Um Ihnen weitere Klarheit zu verschaffen, haben wir hier einige häufig gestellte Fragen und deren Antworten zusammengestellt.

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Wichtige Informationen zu Ihren Rechten: Sie haben eine Abmahnung im Wettbewerbsrecht erhalten? Oder betrifft Ihre Frage eine Abmahnung im Urheberrecht oder eine Abmahnung im Markenrecht? Informationen speziell zum Thema Abmahnung von Frommer Legal finden Sie ebenfalls bei uns.

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Urteil des OLG Frankfurt: Präzision als Schutzschild in Software-Verträgen

Das OLG Frankfurt wies 2024 Rückforderungen zurück: Dienstverträge erfordern Stundenabrechnung mit Projektzuordnung, Werkverträge präzise Erfolgsbeschreibungen. Entwickler müssen Arbeitsphasen dokumentieren, Auftraggeber Abnahmeklauseln einfordern. Teilrückforderungen scheitern ohne konkrete Zuordnung. Nutzlosigkeit führt nur bei Pflichtverletzung zu Haftung.

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