Vorgehen gegen illegale E-Mail-Werbung (Spam) am Beispiel der aktuellen Schlossgrabenfestwerbung

Haben Sie in den letzten Tagen auch schon ein „ganz besonderes Angebot“ erhalten?

Betreff: „Exklusiv für Dich als Dankeschön, lass uns weiterfeiern!“ ? Meine Frau wurde mit so einem unmoralischen Angebot behelligt. Beim genauerem Hinsehen klärt sich auf: Nur ein Dankesschreiben. Das Schlossgrabenfest bedankt sich und hofft sogar, dass meine Frau wohlauf ist?

Hier platziere ich einen Screenshot der Nachricht. Feinster, manipulativer Werbehonig tropft hier aus jeder Zeile.

Es lockt ein „exklusiver Zugang zum Ticket-Pre-Sale für das Schlossgrabenfest 2023“!

Jetzt sei es an der Zeit, den „Vorzugspreis“ zu nutzen. Denn frühzeitig soll man sich ein Ticket sichern, denn das Kontingent ist limitiert. Die Preise werden nämlich bis zum Fest schrittweise angepasst.

Meine Güte, Ihr müsst es wirklich nötig haben. Geht noch ein bisschen mehr emotionaler Druck auf die Kaufentscheidung. Vielleicht ein Direktzugang zum Kleinhirn? Die Hürde zur Wettbewerbswidrigkeit wegen übertriebener Emotionalisierung ist leider hoch. Mit eurer „Limitierung“ seit Ihr aber über das Ziel hinausgeschossen. Denn wer solche Limitierung behauptet, während es diese gar nicht gibt, der wirbt rechtswidrig.

Ich frage mich: Entspricht dieses Mailing den Anforderungen des Werbe- und Datenschutzrechts? Denn es gilt: Wer massenhaft personenbezogene Daten verarbeitet, hat auch eine große Verantwortung für die rechtmäßige Verarbeitung dieser Daten.

Immerhin sind wir hier in der Digitalstadt Darmstadt. Die rechtliche Regelung digitaler Geschäfte liegt uns im Blut.

Unzumutbare Belästigung durch geschäftliche E-Mails

§ 7 UWG stellt für E-Mails die Regelung auf, dass diese dann eine unzumutbare Belästigung darstellen, wenn a) keine Einwilligung vorliegt oder wenn diese b) nicht die folgenden Kriterien erfüllen:

  1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
  2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
  3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
  4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Den erforderlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Werbung haben wir. Die E-Mailadresse kann nur beim letztjährigen Ticketkauf erhoben worden sein. Ist sie auch, denn dorthin wurden die digitalen Tickets geschickt. 

Aber wozu braucht der Verantwortliche die E-Mail-Adresse in den 361 glücklichen Tagen, die zwischen den Schlossgrabenfesten liegen? Für die Datenspeicherung, die über das Notwendige an Datenverarbeitung hinaus geht, müsste doch eine Rechtsgrundlage vorliegen? 

Meine Frau schwört Stein und Bein. Sie hat sich zu nichts angemeldet. Dann müssen wir uns weiter mit den Kriterien 1. bis 4. auseinandersetzen. Wer hat meiner Frau denn jetzt das Ticket verkauft?

Spontan hätte ich gesagt:  Stage Groove Festival GmbH

Aber das stimmt gar nicht. Verkauft wurden meiner Frau die Tickets von LUVEN. Einer GmbH, zu der ich Ihnen morgen gerne mehr schreibe. Dienstleister beim Ticketverkauf war die Connfair GmbH. Leider gab (und gibt) es da ein Problem mit der Verlinkung der Geschäftsbedingungen und der Datenschutzbestimmungen im Kaufprozess. Jedenfalls führt der Link schon seit ehedem ins Leere. Absender der E-Mail ist die Connfair GmbH.

Hinter „Von:“ in der E-Mail heißt es:

Schlossgrabenfest <support@connfair.com>.

 

Aber die waren ja nur Ticketdienstleister? Oben prangt das Logo des Schlossgrabenfests unten heißt es:

 

 

Veranstalter

Stage Groove Festival GmbH | Erbacher Straße 91 | 64287 Darmstadt

Darunter heißt es dann wieder: „Ticketing der Connfair GmbH“.

Das Gute ist: Im Zweifel haften alle.

Abgesehen davon, dass wir keine Rechtsgrundlage für die noch andauernde Datenspeicherung haben, handelt es sich hier um eine ähnliche Dienstleistung im Sinne der Nummer 2 (oben). Stimmt.

Bei der Verwendung nicht widersprochen (Nummer 3) wurde auch (ging ja auch nicht).

Wir kommen zu Nummer 4. Dort heißt es: „der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann“.

Das haben wir jetzt leider nicht. Kein Hinweis, kein Opt-Out.

Damit ist klar:

Die E-Mail ist rechtswidrig versendet worden.

Rechtsfolge:

Jeder der die E-Mail bekommen hat, hat einen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht erlitten. Sie haben jetzt Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche gegen den Absender der Mail. Ihre Ansprüche ergeben sich aus §§ 823 II, 1004 BGB analog in Verbindung mit den Grundsätzen des Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wie sie in § 7 Abs.2 Nr.3 UWG zum Ausdruck kommen.

Das Maß der Unannehmlichkeiten, die sie im Zusammenhang mit dem Empfang der ungewollten Werbenachricht erlitten haben, müssen Sie beurteilen. Diese werden dann die Grundlage für Bemessung ihres Schadenersatzes. Das Amtsgericht Pfaffenhofen hat dem Empfänger einer solchen Spam-Nachricht bei anschließender unvollständiger Datenauskunft 300 € Schadenersatz zugebilligt (Amtsgerichts Pfaffenhofen, Urteil vom 9.9.2021, Az.: 2 C 133/21). Das OLG Hamm hat einem Absender, der mit seiner Spam-Nachricht gegen seine Unterlassungserklärung verstoßen hat 3.000 € Vertragsstrafe zugebilligt (OLG Hamm, Urteil vom 25.11.2016, Az.:  9 U 66/15). Das AG Bonn (AG Bonn, Urteil vom 09.11.2017, Az.: 108 C 142/17) sah einen Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung als gerechtfertigt an. 

Melden Sie sich gerne bei mir, wenn Sie Hilfe bei der Geltendmachung Ihre Ansprüche benötigen. Schreiben Sie mir gerne eine E-Mail.

Nur eine kurze Anmerkung in eigener Sache. Ich bin weder Feind von Vergnügungen noch von Musik. Ich bin auch fürs Feiern. Das Schlossgrabenfest in seiner aktuellen Ausgestaltung ist ein seelenloses Kommerzfest, das große Teile der Darmstädter Bevölkerung komplett ausschließt und der Bereicherung weniger dient. Das muss sich ändern. Das Schlossgrabenfest muss ein Fest für Alle sein. Sind Sie der gleichen Meinung? Haben Sie Interesse gegen dieses Schlossgrabenfest aktiv zu werden? Schreiben Sie mir gerne eine E-Mail.

Wer von einer rechtswidrigen Datenverarbeitung betroffen ist, kann unter Umständen Schadenersatz vom Verantwortlichen fordern. Eine Übersicht von Urteilen zum individuellen Schadenersatz des Betroffenen finden Sie hier.

Spam-Mails als Werbeinstrument

Die unverlangte Zusendung von E-Mails ist ein Ärgernis. Trotz eindeutiger Rechtslage gibt es immer noch Unternehmen, die Ihr Marketing auf dem rechtswidrigen Versand von Spam aufbauen.

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