Zugang per Einwurf-Einschreiben: Was wirklich zählt – und was nicht
Wer eine Kündigung, eine Rücktrittserklärung oder eine Mahnung verschickt, muss nicht nur auf die rechtzeitige Absendung achten, sondern auch auf den Nachweis des Zugangs. Denn viele Willenserklärungen entfalten ihre Wirkung erst mit Zugang – und wer diesen Zugang nicht beweisen kann, hat im Zweifel das Nachsehen.
Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 30. Januar 2025 (Az.: 2 AZR 68/24) zeigt, wie unsicher sich manche auf das Einwurf-Einschreiben verlassen – und was wirklich gilt. Hier geht’s zur Entscheidung auf der Website des Bundesarbeitsgerichts.
Der Fall: Kündigung per Einwurf-Einschreiben – und kein Beweis
Eine Arbeitgeberin hatte ihrem Arbeitnehmer per Einwurf-Einschreiben gekündigt. Im Sendungsverlauf der Deutschen Post war zu lesen:
„Die Sendung wurde am 28.07.2022 zugestellt.“
Doch das genügte dem Gericht nicht. Warum? Weil der Online-Sendestatus lediglich dokumentiert, dass irgendeine Zustellung stattgefunden haben soll – nicht aber, dass und wann das Schreiben tatsächlich im Briefkasten des Empfängers gelandet ist.
Entscheidend wäre der Auslieferungsbeleg gewesen, den die Post beim Einwurf-Einschreiben anfertigt – mit Datum und Unterschrift des Zustellers. Doch dieser war nicht mehr abrufbar.
Ergebnis: Die Kündigung galt als nicht zugegangen – und damit als unwirksam.
Was gilt als sicherer Nachweis des Zugangs?
Das Urteil bestätigt erneut: Der rechtssichere Zugangsnachweis muss dokumentieren, wann genau die Erklärung in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist. Dafür reicht ein bloßer Online-Status („zugestellt“) nicht.
Folgende Methoden sind sicher und anerkannt:
- Einschreiben mit Rückschein: Der Empfänger bestätigt den Erhalt schriftlich. Der Rückschein enthält Datum und Unterschrift – und wird dem Absender zugestellt.
- Zustellung durch Boten oder mit Zeugen: Eine neutrale Person (z. B. Kanzleimitarbeiter) wirft die Erklärung ein und dokumentiert Zeit, Ort und Inhalt. Im Streitfall kann sie als Zeuge aussagen.
- Zustellung durch den Gerichtsvollzieher: Die sicherste Methode: Der Gerichtsvollzieher stellt das Schriftstück förmlich zu (§ 132 BGB i. V. m. § 192 ZPO) und fertigt eine Zustellungsurkunde an.
- Einwurf-Einschreiben (nur mit Auslieferungsbeleg!): Diese Methode kann ausreichen – aber nur, wenn der originale Auslieferungsbeleg mit Zustellvermerk verfügbar ist. Der Online-Status reicht nicht.
Für welche Erklärungen ist der Zugangsnachweis entscheidend?
Der Nachweis des Zugangs ist erforderlich, wenn eine Willenserklärung erst mit Zugang wirksam wird. Typische Fälle sind:
- Kündigungen (Arbeitsverträge, Mietverhältnisse usw.)
- Anfechtungserklärungen
- Rücktritts- und Widerrufserklärungen
- Mahnungen zur Begründung des Verzugs: Der Schuldner gerät erst mit Zugang der Mahnung in Verzug (§ 286 Abs. 1 BGB), nicht mit deren bloßer Absendung.
Fazit: Keine halben Sachen beim Zugangsnachweis
Ein „Zugestellt“-Vermerk im Sendungsverlauf klingt eindeutig – ist aber rechtlich nicht belastbar, wenn der konkrete Auslieferungsbeleg fehlt.
Rechtssicher sind nur Methoden, bei denen der Zugang zweifelsfrei nachgewiesen werden kann – idealerweise mit Rückschein, Zeugen oder Gerichtsvollzieher.
Ohne Zugang kein Wirksamwerden – und ohne Beweis kein Zugang.